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Altendorf
08.09.2021

Vier Polizisten sind freigesprochen – sogar die Anklage war dafür

Das Bundesgericht in Lausanne stützt den Entscheid des Schwyzer Strafgerichts.
Das Bundesgericht in Lausanne stützt den Entscheid des Schwyzer Strafgerichts. Bild: zvg
Die Fesselung eines Ausserschwyzers mit anschliessender Einlieferung ins Spital und in eine psychiatrische Klinik war rechtens, so das Bundesgericht in Lausanne.

Die vier Schwyzer Polizisten hatten den Auftrag erhalten, im September 2012 einen damals 43-jährigen Altendörfler dem Betreibungsamt polizeilich zuzuführen. Als die Ordnungshüter den Mann frühmorgens in seiner Wohnung aufsuchten, rannte dieser durch die Wohnung und über den Garten zu seinem Kleinlastwagen, den er angeblich umparkieren wollte.

Das beurteilten die Polizisten als Fluchtversuch. Sie forderten den Mann auf, aus dem Fahrzeug zu steigen, und als dieser laut gestikulierend und schreiend auf die Ladefläche des Fahrzeugs stieg, wo auch potentiell gefährliche Werkzeuge lagen, legten sie ihm, sobald er wieder herunterstieg, Handschellen an. 

Da sich der Mann zu Boden fallen liess und sich ohnmächtig stellte, brachten ihn die Polizisten – immer noch gefesselt – zuerst ins Spital und später auf Anweisung eines Psychiaters in eine psychiatrische Klinik.

Sogar die Anklage forderte Freisprüche

Der Mann klagte die vier Polizisten wegen Amtsmissbrauchs, Freiheitsberaubung und Entführung an. Nach einem juristischen Hickhack um die Frage, ob die Anzeige überhaupt anhand genommen werden soll, sowie auf Anordnung des Bundesgerichts landete der Fall vor dem Strafgericht und anschliessend vor das Kantonsgericht. Die Fesselung sowie deren Aufrechterhaltung während des Transportes und im Spital seien übertrieben, unverhältnismässig und demütigend gewesen. Vor Kantonsgericht rügte seine Anwältin sogar eine Verletzung des Folterverbots. 

Sowohl das Strafgericht als auch das Kantonsgericht sprachen die vier Polizisten gemäss Antrag des Staatsanwalts, der selbst einen Freispruch beantragt hatte, von jeglicher Schuld und Strafe frei. Deshalb zog der Ausserschwyzer den Fall ans Bundesgericht weiter, wo er jetzt aber ebenfalls abblitzte.

«Aufgrund seines Verhaltens selber zuzuschreiben»

Wie schon die Vorinstanzen kamen auch die Bundesrichter zum Schluss, dass den Polizisten nichts vorzuwerfen sei. Die mit der Fesselung ausgeübte Staatsgewalt sei angemessen und rechtens gewesen, habe doch der Mann zweimal den Anschein erweckt, er wolle fliehen. Zudem hätten die Polizisten befürchten müssen, vom wild um sich gestikulierenden Mann verletzt zu werden.

Auch die Fesselung während des Transports und im Spital sei wegen der Gefahr von Eigen- oder Drittverletzung richtig und angebracht gewesen. Den Beamten könne nicht vorgeworfen werden, den Mann schikaniert oder gedemütigt zu haben. Der Mann habe das Vorgehen der Ordnungshüter «aufgrund seines nicht nachvollziehbaren Verhaltens letztlich selbst zuzuschreiben», urteilte das Bundesgericht.

Der Ausserschwyzer hat die bundesgerichtlichen Kosten von 3'000 Franken zu tragen. Hinzu kommen über 45'000 Franken aus den vorinstanzlichen Verfahren. Aber auch dem Staat sind aus den vorinstanzlichen Verfahren Kosten von über 104'000 Franken entstanden.

Ruggero Vercellone, freier Mitarbeiter