Am 7. Februar 1971 – 53 Jahre nach Deutschland, 52 Jahre nach Österreich, 27 Jahre nach Frankreich und 26 Jahre nach Italien – führt die Schweiz das Frauenwahl- und Stimmrecht ein. Dafür war ein langer und harter Kampf nötig.
Die St.Gallerin Pia Hollenstein war zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt und erinnert sich noch heute an den historischen Tag. Es sei auch der Grund gewesen, warum sie später selbst in die Politik gegangen ist. Von 1991 bis 2005 vertrat die heute 70-Jährige die Grünen im Nationalrat. Im Interview blickt Hollenstein auf eine ereignisreiche Zeit zurück.
Pia Hollenstein, welche Gefühle kommen bei Ihnen auf, wenn Sie sich an den 7. Februar 1971 erinnern?
Es stimmt mich traurig, wenn ich daran denke, dass es so lange gedauert hat bis die Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt hat. Ein Land, dass sich Demokratie auf die Fahne geschrieben hat –und dann ist die Abstimmung im Jahr 1959 gescheitert. Der Kanton St.Gallen hatte das Begehren auch 1971 noch abgelehnt. Das ist oberpeinlich! Aber Frauen können stolz darauf sein, dass sie so hart für dieses Recht gekämpft haben.
Woran hat es gelegen?
Es war eine Machtfrage. Niemand gibt gerne Privilegien ab. Ausserdem hatte es etwas mit dem Rollenbild der Frau, welches damals herrschte, zu tun – und mit fehlender Wertschätzung gegenüber den Frauen.
Wie würden Sie denn das Frauenbild von damals beschreiben?
Man hat jeweils von den «Drei K» gesprochen. Also: Kinder, Kirche und Küche. Frauen sollten den Nachwuchs so erziehen, wie es die Kirche vorgibt, und sich um den Haushalt kümmern. In der Politik hatten sie nichts verloren. Es waren einfach konservative und rückständige Wertvorstellungen.