Klick, klack, klick, klack. Ein junges Reh kreuzt die Strasse und schaut verwundert. In regelmässigem Abstand tönt es von der geteerten Strasse zurück zum Reporter, der einen Tag in Magglingen und Umgebung verbringt. Was erzeugt das monotone Geräusch, begleitet von surrenden Rollski und schnellem Schnaufen?
Es ist die mongolische Langlaufnationalmannschaft, die an diesem Tag auf Rollski und mit langen Stöcken der Strasse entlang auf den Chasseral rennt, fast so schnell wie die nächsten drei Rehe, die weiter oben friedlich in Sichtweite grasen. Intervalltraining steht auf dem Programm. Angetrieben werden die fünf Athletinnen und Athleten von einem weissen Bus, der mit den Logos des Schweizer Skiverbandes angeschrieben ist. Am Steuer sitzt jedoch kein helvetischer Verbandsfunktionär, sondern Steve Hiestand. Steve Hiestand? Den kennen wir spätestens seit dem letzten Langlauf-Weltcupfinale im Engadin. Der Höfner läuft in einem leuchtenden, grün-gelben Dress für die brasilianische Langlauf-Nationalmannschaft und versucht, sich in diesem Winter für die Olympischen Spiele in Peking zu qualifizieren (wir berichteten). Ein Schweiz-Brasilianer für die Mongolen? Ein Exot, der andere Exoten trainiert? Die Story tönt fast zu gut, um wahr zu sein. Für eine Woche ist sie Tatsache.
Ein Geben und Nehmen
Nach dem Training sitzt Steve Hiestand am Restaurant Bellavista in Magglingen. Das Restaurant trägt seinen Namen zurecht. Der Blick gleitet hinaus, weit über den malerischen Bielersee. Doch Magglingen ist in der Regel kein Ferienlager. Das ist es auch für die Mongolen nicht. «Ja, ich gehöre auch zu den kleinen Langlaufnationen», sagt Hiestand. «Ich strebe eine Kooperation unter den ‹Langlaufexoten› an.» Da kam die Anfrage der Nachwuchsabteilung von Swiss-Ski gerade recht, das mongolische Skiteam für eine Woche zu betreuen, denn vom Schweizer Verband hatte niemand Zeit dafür gefunden. «Für mich ist der Sport ein Geben und Nehmen», erklärt der Höfner. Da sagte er schnell «warum nicht?». Denn der 36-Jährige sah auch die Möglichkeit, gleichzeitig ebenfalls trainieren zu können, um sich auf sein grosses Ziel vorzubereiten. Zudem rechnet sich Hiestand aus, dass er im kommenden Winter dafür vom Schweizer Skiverband ein Entgegenkommen erwarten darf, bei der Präparation seiner Ski zum Beispiel. Ein «Geben und Nehmen» also, wie es sich Steve Hiestand vorstellt.