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Sport
01.04.2020

Die jüngste Nummer 1 aller Zeiten

Die Höfnerin Martina Hingis war die erste Schweizerin, die in einer Weltsportart die Beste war. Von Roger Federer, nur knapp ein Jahr jünger als Hingis, sprach damals noch niemand. (Bild: keystone)
Die Höfnerin Martina Hingis war die erste Schweizerin, die in einer Weltsportart die Beste war. Von Roger Federer, nur knapp ein Jahr jünger als Hingis, sprach damals noch niemand. (Bild: keystone) Bild: Keystone
Am 29. März 1997 feierte Martina Hingis mit 6:2, 6:1 über Monica Seles den 30. Sieg in Folge. Zwei Tage später war es Tatsache: Mit 16 Jahren und sechs Monaten war die Höfnerin die jüngste Nummer 1 der Welt.

von Rolf Bichsel

Den Rekord als jüngste Nummer 1 der Welt wird Martina Hingis wohl nie mehr verlieren. Denn 1995 hatte die Womens Tennis Association (WTA) die Regeln geändert. Jugendliche durften fortan auf der WTA-Tour vor ihrem 16. Geburtstag nur noch eingeschränkt mitspielen. Hingis profitierte als Letzte von Übergangsbestimmungen. Sie durfte mit 15 mehr Turniere bestreiten als die gleichaltrige Venus Williams oder die um ein Jahr jüngere Serena Williams, denn die hatten vor der Einführung der neuen Regeln nochkein Profiturnier gespielt.

Für die in Trübbach in der St. Galler Gemeinde Wartau aufgewachsene und später in Wollerau wohnhafte Martina Hingis lief es 1997 fast perfekt. Der Himmel hing damals Ende März nach dem Turniersieg in Key Biscayne voller Geigen. Steffi Graf, die grosse Dominatorin, pausierte wegen Verletzungen monatelang und bestritt in diesem Jahr total nur 19 Einzel. So stand Ende März 1997 im Prinzip schon fest, dass Hingis bis Ende Jahr Weltranglistenerste bleiben wird. Denn Steffi Graf war verletzt und konnte ihre vielen Weltranglistenpunkte nicht verteidigen; Martina Hingis hingegen konnte meist voll punkten, weil auch sie vor dem 16. Geburtstag nur sechs Turniere hatte bestreiten dürfen.

Keine Belastung

Entsprechend positiv sah Martina Hingis Ende März 1997 die Zukunft. Sie genoss den frühen Ruhm. Mit der Nummer 1 sei «ein ganz grosser Traum in Erfüllung gegangen». Als Belastung erachtete sie die neue Position nicht. Hingis damals: «Das ist nichts Neues für mich, diese Rolle kenne ich aus meiner Juniorenzeit. Da war ich über Jahre die Jüngste und dennoch die Nummer 1. Dass das auch auf der Tour so schnell gehen würde, hätte ich allerdings nicht gedacht. Man auferlegt sich zwar immer die Verantwortung, gegen schlechter klassierteGegnerinnen nicht verlieren zu dürfen, und ab Montagspiele ich nur noch gegen schlechter Klassierte. Ich habe hart dafür gearbeitet, so weit nach oben zu kommen. Aber dass ich es geschafft habe, macht mich nun nur noch stärker.»

Vielleicht gewinne sie ja 50 Spiele in Serie, meinte Hingis damals in Miami. Das schaffte sie nicht, auch weil sie sich nach der Rückkehr aus den USA bei einem Sturz vom Pferd selber verletzte. Nach 41 Siegen hintereinander verlor sie im Juni den Final von Roland- Garros gegen Iva Majoli sensationell mit 4:6, 2:6. Diese Niederlage kostete sie 1997 den «Grand Slam», denn alle anderen Grand-Slam-Turniere gewann Hingis. Hingis gewann in jener Saison insgesamt zwölf Turniere und 93,8 Prozent aller Einzel.

Drei Rücktritte

Martina Hingis war die erste Schweizerin, die in einer Weltsportart die Beste war. Sie gewann fünf Grand-Slam-Turniere, nach 1997 noch das Australian Open 1998 und 1999. Im Oktober 1998 wurde sie von Lindsay Davenport erstmals als Nummer 1 abgelöst. Bis Oktober 2001 führte aber meist Hingis die Weltrangliste an.

red