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Freienbach
25.05.2021
25.05.2021 17:13 Uhr

Bächer Schütze ist schuldunfähig

Das Schwyzer Strafgericht entschied, dass ein Schweizer, der auf die Polizei schoss, schuldunfähig war.
Das Schwyzer Strafgericht entschied, dass ein Schweizer, der auf die Polizei schoss, schuldunfähig war. Bild: Archiv
Der Schweizer, der im März 2020 in Bäch in einem Wahn neben ein Patrouillenfahrzeug der Polizei schoss, war schuldunfähig, entschied das Schwyzer Strafgericht.

In der Nacht vom 30. März 2020 erlebten zwei Schwyzer Polizisten an der Seestrasse in Bäch einen Einsatz, den sie nicht so schnell vergessen werden. Die beiden wurden von einem Mann gerufen, der die angebliche Entführung seiner Frau gemeldet hatte. Doch kaum waren sie in Bäch angekommen, aus dem Patrouillenfahrzeug gestiegen und zum Hauseingang unterwegs, hörten sie Schüsse. Sie merkten sofort, dass die Schüsse aus einer gefährlichen Kalaschnikow stammten. Drei Schüsse wurden in den Himmel Richtung Zürichsee abgefeuert. Wenig später stellten die Polizisten fest, dass weitere drei Schüsse in Richtung des parkierten Polizeifahrzeugs abgegeben wurden. Sie begaben sich in Deckung und schlugen Alarm. Rund drei Stunden später wurde der Schütze, der im dritten Stock des Hauses wohnte, durch die Spezialeinheit Luchs verhaftet. Verletzt wurde damals niemand.

Beim Schützen handelte es sich um einen heute 42-jährigen Schweizer, der sich kürzlich vor dem Strafgericht zu verantworten hatte. Der Staatsanwalt klagte ihn wegen versuchter vorsätzlicher Tötung an. Er habe – auch wenn er nicht direkt auf die Polizisten gezielt hatte – durch allfällige Querschläger den Tod von Menschen in Kauf genommen. Da der Schütze damals aber in einem Wahn und demzufolge im Zustand nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit gehandelt hatte, könne er nicht bestraft werden. Stattdessen sollte für ihn eine ambulante Behandlung angeordnet werden.

«Kein Spinner, der dazu neigt, auszurasten»

Ausführlich und eloquent erzählte der 42-jährige frühere Banker dem Gericht, wie es dazu gekommen war. In seiner erfolgreichen beruflichen Karriere habe er nebst Stress auch Mobbing und persönliche Schicksalsschläge erlitten. Als er sich selbstständig machte, brach die Corona-Pandemie aus. Das alles habe bei ihm eine Psychose ausgelöst. Er litt unter Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Er habe sich eingebildet, man wolle ihn vergiften und seine Familie berauben. In jener Nacht habe er geglaubt, dass Angehörige der deutschen Armee, die systematisch wohlhabende Familien ausrauben würden und seine Frau, die bei Nachbarn war, entführt hätten, vor der Türe stünden. Deshalb habe er Warnschüsse abgegeben und gehofft, damit Zeit zu gewinnen, bis die richtige Polizei eintreffe. Er habe die Schüsse gezielt abgefeuert und dabei alles daran gesetzt, niemanden zu verletzen. «Es war kein Verbrechen, es war die Psychose.» 

Seine Verteidigerin lehnte eine Verurteilung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung ab und plädierte auf Gefährdung des Lebens. Ihr Mandant habe nie auf die Polizisten gezielt und bewusst auf den Boden beim Polizeiauto geschossen. Eine ambulante Massnahme sei nicht mehr nötig, weil die Behandlung der Psychose nach rund einjähriger Therapie abgeschlossen sei. Dies bestätigte sein Psychiater als Psychosespezialist. «Mein Mandant ist kein Spinner, der dazu neigt, auszurasten», sagte die Verteidigerin.

Das Strafgericht stellte im Sinne der Verteidigung fest, dass der Beschuldigte im Zustand nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit eine Gefährdung des Lebens begangen hat. Auf die Anordnung einer ambulanten Behandlung wurde aufgrund der erreichten Therapiefortschritte und der Empfehlung des behandelnden Psychiaters verzichtet. Aus Billigkeitsgründen wurden dem sehr vermögenden Mann die Verfahrenskosten von rund 79'000 Franken auferlegt. 

Ruggero Vercellone, Redaktion March24 & Höfe24