von Oliver Bosse
Rund acht Monate sind vergangen, seit die Cryo Save AG mit Sitz in Pfäffikon praktisch über Nacht den Betrieb eingestellt hat. Zurück blieben neben unbezahlten Rechnungen vor allem Tausende verunsicherte Kunden beziehungsweise Eltern weltweit, welche der Firma viel Geld dafür bezahlt haben, dass diese die Stammzellen ihrer Kinder fachgerecht aufbewahrt.
Mittlerweile hat sich einiges getan. Die Behörden wurden aktiv und es wurden unter anderem ein Konkursverfahren eröffnet und Strafanzeige gegen die Cryo Save AG eingereicht (wir berichteten). «Aktuell führt die Staatsanwaltschaft Genf Befragungen durch», weiss die betroffene Mutter Stefanie Pirri, die im Verfahren stellvertretend für die anderen Schweizer Eltern als Nebenklägerin auftritt und zusammen mit diesen in einer Facebook-Gruppe mit 700 Teilnehmern organisiert ist. Ermittelt werde in erster Linie gegen Cryo-Save-Geschäftsführer Frederic Amar wegen betrügerischem Konkurs und Verstössen gegen das Transplantationsgesetz. «Er sass bis Anfang Februar für rund drei Wochen in Untersuchungshaft», weiss Pirri. «Nun wurde er unter Auflagen wieder entlassen.» Auf Ende März seien die nächsten Befragungen angesetzt. Wann es schliesslich zur Anklage kommt, ist noch offen.
Keine Informationen erhalten
Für die Eltern ist dieses Verfahren aber nicht ihre primäre Sorge. Auch Monate nachdem die Verfehlungen der Pfäffiker Firma bekannt wurden, fehlen noch immer die Stammzellen-Proben etlicher Kinder, auch diejenigen von Pirris Sohn. «Wir stehen alleine da», sagt sie. Denn niemand fühle sich wirklich für die Eltern verantwortlich und wisse, was Sache ist. «Unsere Informationen stammen in erster Linie aus den Medien. Einige Eltern wussten bis vor kurzem nicht einmal, dass die Cryo Save AG nicht mehr existiert und die Stammzellen ihrer Kinder nicht mehr da sind.» Sie hätten sich vor allem seitens des Bundesamts für Gesundheit (BAG) eine bessere Kommunikation und Unterstützung erhofft. «Es hat sich mittlerweile aber offen für ein Gespräch gezeigt», sagt Pirri. «Wir sind daran, ein Schreiben aufzusetzen, in dem wir um einen Termin bitten.» Gemäss SRF-Recherchen soll sich ein Grossteil der Proben bei der polnischen Stammzellenbank Famicord befinden. Deren Geschäftsführer Jakub Baran geht davon aus, dass gar 98 bis 99 Prozent der Stammzellen der Cryo Save AG nun in Polen sind. Allerdings habe Cryo Save ein ziemliches Chaos hinterlassen, wird Baran im SRF-Beitrag zitiert. Viele Proben seien schlecht beschriftet und die Zuordnung schwierig.
Weitere in Holland und Portugal
Die restlichen Proben – ebenfalls einige Hundert – sollen in Portugal und Holland eingelagert sein. «Diejenigen in Holland hätten auch noch Polen geschickt werden sollen, wurden aber wegen unbezahlter Rechnungen der Cryo Save zurückbehalten», weiss Pirri. Bei laufendem Konkursverfahren ist also fraglich, wie es damit weitergeht. «Bei den Proben in Portugal soll jetzt – nach ganzen acht Monaten und langem Hin und Her mit einem Anwalt – auch mit den Überprüfungen begonnen werden.» Direkte Informationen bekomme man nirgends. Einzig bei Famicord in Polen könne man sich immerhin über eine Service-Telefonnummer melden. Wirklich etwas zu erfahren sei aber schwierig, auch wegen der Sprachbarriere, meistens werde man vertröstet. «Auch deshalb hoffen wir auf Unterstützung des Bundes.»
Abwarten und hoffen
Die Verunsicherung bei den Eltern sei jedenfalls nach wie vor gross, so Pirri. «Wir haben Angst, was mit den Stammzellen unserer Kinder passiert sein könnte. Theoretisch könnten diese überall, vielleicht sogar auf dem Schwarzmarkt gelandet sein.» Sie wolle sich gar nicht erst vorstellen, dass damit irgendwelche Experimente durchgeführt würden. Bekannt sei ausserdem, dass bei der Überprüfung der Proben Stammzellen aufgetaucht sind, welche eigentlich hätten vernichtet sein sollen. Das verursache sehr ungute Gefühle. Vorerst bleibt den Eltern aber nichts anderes übrig, als abzuwarten und das Beste zu hoffen.