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Wollerau
20.02.2020

«Ich brauche wieder ein Erfolgserlebnis»

Bild: Archiv
Belinda Bencic ist als Nummer 4 der Welt so gut klassiert wie nie zuvor. In Dubai scheiterte sie als Titelverteidigerin trotzdem schon in der Startrunde. Die Wollerauerin klagt über fehlendes Selbstvertrauen.

mit Belinda Bencic sprach Jörg Allmeroth

Die Momentaufnahme zeigt ein widersprüchliches Bild. Da befindet sich Tennisspielerin Belinda Bencic erstmals in den Top 5 des WTA-Rankings, ihre Jahresbilanz liest sich mit sechs Siegen zu sechs Niederlagen allerdings bescheiden. Zum Vergleich: vor einem Jahr hatte sie zu diesem Zeitpunkt 14:3 gelautet. Trotzdem blickt Bencic optimistisch auf den weiteren Saisonverlauf – und das grosse Highlight, die Olympischen Spiele.

Belinda Bencic, Sie gewannen in Ihrem Auftaktmatch in Dubai gegen Anastasia Pawljutschenkowa die ersten 19 Punkte, holten den ersten Satz mit 6:1. Und verloren dann doch sehr deutlich. Wie konnte das passieren?

BELINDA BENCIC: Ich weiss es selbst nicht so genau, ich suche da selbst noch nach einer Antwort. Es ist manchmal gefährlich, wenn man so hoch führt, so gut beginnt. Vielleicht habe ich gedacht: Das geht jetzt so weiter, das machst du schon. Und dann geht es abwärts, und man findet nicht mehr zurück ins Spiel.

Wie verdaut man diesen Rückschlag, immerhin gingen Sie als Titelverteidigerin ins Rennen?

Die Enttäuschung ist schon gross im Moment. Ich muss jetzt das Selbstvertrauen wiederfinden, ich brauche wieder ein Erfolgserlebnis. Aber dafür muss ich weiter hart arbeiten und dran bleiben. Dann könnten sich die Dinge schnell wieder in die richtige Richtung drehen, das hoffe ich jedenfalls.

Letztes Jahr begann der Aufstieg in der Weltrangliste in Dubai, mit dem Turniersieg. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Woche?

Es war ein unglaubliches Erlebnis, all die Siege gegen grosse Spielerinnen. Plötzlich hatte ich wieder dieses Vertrauen in mich, den Glauben, dieses Selbstbewusstsein. Es war schon ein Meilenstein in meiner Karriere.

Es war auch ein Moment, wo Sie diese ganze Verletzungsmisere, die vielen Rückschläge mal hinter sich lassen konnten – oder?

Klar, ich hatte einiges zu verdauen gehabt in den Monaten und Jahren davor. Immer neue Anläufe, immer mal wieder neue Probleme. Und noch ein Comeback. Das ist dann auch schon etwas zermürbend, das nagt an dir. Weil du dich eigentlich nur auf dein Tennis konzentrieren möchtest – und nicht dauernd in deinen Körper reinhorchen willst.

Alle Spielerinnen, alle Spieler betonen immer wieder das magische Wort Konstanz. Ein Jahr gleichmässigdurchzuspielen, so gut wie nur möglich.

Das ist halt einfacher, wenn du einmal so ein Erfolgserlebnis wie voriges Jahr in Dubai im Rücken hast. Gegen Gegnerinnen gewinnst, die du vorher nicht schlagen konntest. Und dann auch noch hintereinander. Danach gehst du ein Stück weit anders durch die Tenniswelt. Aber du musst dir bewusst sein, dass du nichts geschenkt kriegst. Beim nächsten Turnier musst du wieder hellwach sein.

Man hat den Eindruck, dass im Damentennis alles möglich ist. Es ist tatsächlich so, dass es keine geschenkten Runden gibt.

Jede kann jede potenziell in jeder Runde schlagen. Da ist es nicht leicht, oben dran zu bleiben. Seinen Platz zu verteidigen.

Was Ihnen letztes Jahr weithin sehr gelungen ist. Sie erreichten jüngst sogar ein Allzeithoch in der Rangliste, mit Platz 4.

Ganz ehrlich: Ich schaue nicht so sehr auf die Zahlen. Es ist eine schöne Momentaufnahme gewesen. Aber ichkonzentriere mich auf die Turniere, auf die Matches, die ich vor mir habe. Das Motto ist: Aus jedem Tag das Beste rausholen. Es gelingt nicht immer, das habe ich nun zu spüren bekommen zum Start der neuen Saison.

Haben Sie den Eindruck, dass Gegnerinnen aus niedrigeren Ranglisten- Regionen jetzt noch mehr Ehrgeiz gegen Sie entwickeln?

Schwer, das zu bemessen. Aber klar: Du willst dich gegen die Spitzenleute beweisen. So war und ist es bei mir ja auch. 

Das Tennisjahr ist dicht gedrängt mit Terminen. 2020 kommen noch die Spiele von Tokio hinzu, das olympische Medaillenturnier.

Das wird in jedem Fall ein absolutes Highlight für mich. Da freue ich mich jetzt schon drauf. Auch auf die Begegnungen mit den anderen Athleten. Werden Sie dort auch im Doppel und Mixed antreten – und mit wem?

red