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Sport
03.02.2021

Urs Kryenbühl: «Von da an kann ich mich an nichts mehr erinnern»

Glück im Unglück: Urs Kryenbühl kam beim Sturz in Kitzbühel verhältnismässig glimpflich davon. (Bild: Keystone)
Glück im Unglück: Urs Kryenbühl kam beim Sturz in Kitzbühel verhältnismässig glimpflich davon. (Bild: Keystone) Bild: Keystone
Der Unteriberger Urs Kryenbühl spricht über seinen Sturz bei der Abfahrt in Kitzbühel, woran er sich erinnern kann und woran nicht. Auch äussert er sich, wie es jetzt weitergehen soll.

Am 22. Januar stürzte Urs Kryenbühl bei der Ersatzabfahrt für Wengen beim Zielsprung auf der Streif in Kitzbühel mit einem Tempo von etwa 145 km/h. Er blieb nach dem Ziel liegen, wurde minutenlang erstversorgt und danach mit dem Helikopter ins zehn Kilometer entfernte Bezirksspital St. Johann geflogen. Dort wurde er während 24 Stunden medizinisch untersucht und betreut. Noch am Samstagnachmittag konnte er nach Hause transportiert werden.

Wie geht es Ihnen ein paar Tage nach dem schweren Sturz?
Ich fühle mich den Umständen entsprechend gut, muss man wohl sagen.

Wie erlebten Sie den Sturz und die Minuten danach?
Von der gesamten Fahrt auf der Streif weiss ich alles bis etwa zur Mitte des langen Fluges beim Zielsprung. Von da an kann ich mich an nichts mehr erinnern, was sich auf der Piste und beim Transport ins Spital zugetragen hat. Ich weiss aber noch, dass der linke Ski beim Sprung weniger runter ging als der rechte. Diesen rechten Ski brachte ich einfach nicht mehr hoch. Ob der Wind im Spiel war oder ob einfach die Oberluft bei diesem Tempo genügt hat, kann ich nicht genau beurteilen. Mir hat man gesagt, dass ich im Zielraum Fragen beantwortet habe. Auch daran kann ich mich nicht erinnern. Erst von den Abläufen im Spital weiss ich wieder Bescheid.

Was alles brachten die medizinischen Untersuchungen zum Vorschein?
Ich hatte eine Gehirnerschütterung, das Schlüsselbein in der rechten Schulter ist gebrochen, das Innenband des rechten Knies ist angerissen und das Kreuzband vorne im rechten Knie ist ganz gerissen.

Was hat nun für Sie Priorität?
Wichtig ist für mich jetzt, dass ich viel Ruhe habe und viel schlafen kann.

«Ich will mir die nötige Zeit geben, um zusammen mit den Ärzten gute Lö-sungen und Entscheide zu finden. »

Wie geht es weiter auf dem Weg zur Genesung?
Am Tag meines 27. Geburtstags werde ich bei Walter O. Frey und weiteren Spezialisten in der Universitätsklinik Balgrist in Zürich geröntgt. Dann gibt es Gespräche darüber, ob das Schlüsselbein operiert werden muss oder nicht. Das Knie wird ebenfalls von verschiedenen Ärzten genauer untersucht. Auch da geht es darum, in einem Gespräch und einem vielleicht noch länger andauernden Entscheidungsprozess herauszufinden, ob ein operativer Eingriff Sinn macht oder nicht. In der Zwischenzeit habe ich mit verschiedenen Sportlern gesprochen, die auch eine solche oder ähnliche Verletzung hatten. Darunter waren solche, die operiert und solche, die nicht operiert wurden. Es gibt auch Sportler, die sowohl mit und ohne Operation den Genesungsverlauf bewältigt haben.

Wie sieht die mittelfristige Zukunft aus?
Ich will mir die nötige Zeit geben, um zusammen mit den Ärzten gute Lösungen und Entscheide zu finden. Was die gesundheitlichen Aspekte betrifft, werden wir gemeinsam die Befunde analysieren und danach zusammen in Gesprächen Wege suchen.

Verfolgen Sie die Wettkämpfe Ihrer Konkurrenz?
Ich habe die zweite Abfahrt in Kitzbühl und den Super-G teilweise im Fernsehen mitverfolgt. Um mich zu schonen, habe ich aber bewusst nicht die ganzen Rennen angesehen. Ich habe auch künftig vor, die weiteren Rennen am Bildschirm mitzuverfolgen. Ich bin nun halt vom Athleten zum Fernsehzuschauer geworden.

«Die Dankbarkeit überwiegt klar, dass es nicht schlimmer ausgegangen ist.»

Hand aufs Herz: Wie weh tut es, nicht an die Weltmeisterschaften fahren zu können und die durchaus intakten Chancen in der Abfahrt und im Super-G wahrnehmen zu können?
Momentan tut mir das Schlüsselbein mehr weh. Natürlich, es wäre etwas möglich gewesen, das ist klar. Ich muss das Ganze aber so ansehen, wie es ist. Alles andere bringt nichts. Eigentlich geht es mir gut. Die Dankbarkeit überwiegt klar, dass es nicht schlimmer ausgegangen ist.

Können Sie schon etwas über die weitere Zukunft sagen?
Priorität hat jetzt ganz klar, dass ich wieder gesund werden will. Nachher werde ich weiter schauen. Es ist jetzt wichtig, das eine nach dem anderen zu nehmen. Wenn ich gesundheitlich und körperlich wieder vollkommen fit bin, denke ich schon, meine Karriere fortzusetzen. Die Chancen wären ja dann wohl intakt, dass ich auf einem ähnlich hohen Niveau weiterfahren könnte, wie ich es erfreulicherweise bis zu diesem Sturz hatte.

Hat Urs Kryenbühl neben dem klaren Willen, vollständig zu genesen, noch andere Wünsche?
Auch wenn ich die Reaktionen meiner vielen Wegbegleiter und Fans nicht gelesen oder angeschaut habe, freut es mich ausserordentlich, dass die Anteilnahme enorm gross ist. Ich danke an dieser Stelle allen ganz herzlich für dieses tolle Mitgefühl.

Konrad Schuler