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Kanton
02.02.2021
Energiegeladene Spürnase für die Polizei

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Labrador Retriever Ocean hat seine Polizeiprüfung bestanden: Er darf sich offiziell Betäubungsmittelspürhund nennen. Pro Jahr wird er zusammen mit seinem Herrchen Tobias Wiget zwischen 50 und 100 Einsätze für die Kantonspolizei Schwyz haben.
«Wer Betäubungsmittel bei sich hat, weckt Oceans Interesse»
Seit Dezember ist Ocean offizieller Spürhund der Schwyzer Kantonspolizei. Sein Herrchen, Tobias Wiget, erzählt, wie der Weg dahin war, welche Ziele er noch verfolgt und weshalb Hunde ihre «Beute» nicht mehr mit Kratzen und Bellen anzeigen.
mit Tobias Wiget
sprach Silvia Gisler
Was war zuerst: Der Hund mit dem Talent, ein Polizeihund zu werden, oder Ihr Wunsch, ein Polizeihundeführer zu sein?
Zuerst war der Wunsch, einen Polizeihund auszubilden. Diesbezüglich hatte ich da schon genau die Vorstellung, dass es ein Betäubungsmittelspürhund sein soll.
Woher kam dieser Wunsch?
Mit der TV-Serie Kommissar Rex hat dies definitiv nichts zu tun. Wir hatten ganz, ganz früher einmal einen Hund. Somit war die Sympathie für Hunde schon immer gegeben. Als ich dann gesehen habe, wie der Hund als Einsatzmittel funktioniert, was mit ihm alles möglich ist, war das Interesse dafür geweckt.
Seit wann sind Sie Hundeführer?
Ich bewarb mich im Jahr 2007 für die Sondergruppe Hundeführer. Nach einem Auswahlverfahren wurde ich vom Polizeikommando gewählt und die Suche nach geeigneten Hundezuchten begann. Ich hatte damals das grosse Glück, dass ich einen Labrador Retriever aus einer jagdlichen Leistungszucht ausbilden durfte. Aïka kam im
Alter von rund neun bis zehn Wochen zu mir und lebte fortan in meinem Haushalt. Auch durfte sie vom ersten Tag an mit zur Arbeit. Da entstand die Faszination für diese Hunderasse. Ocean ist nun mein zweiter Diensthund und kam im Sommer 2019 zu mir.
Am 19. Dezember vermeldete die Kapo Schwyz, dass Ocean die Einsatzprüfung bestanden hat. Wie lange und in welcher Form wurde darauf hintrainiert?
Das Training begann mit dem ersten Tag, als Ocean bei mir war. Zuerst
galt es, ihm die neue Umgebung und die verschiedenen Umwelteinflüsse zu
zeigen. Auch die Sucharbeit wurde spielerisch in den Altag eingebunden. Später wurde der Geruch der einzelnen Betäubungsmittel konditioniert und Ocean lernte diesen zu suchen und anzuzeigen. Es gab Zeiten, da mussten Ocean und ich jeden Tag trainieren, um unser Ziel zu erreichen.
Das würde bedeuten, dass Sie Betäubungsmittel zu Hause haben müssen, um üben zu können?
Nein, dem ist nicht so. Es gibt viele Übungen, die ohne Betäubungsmittel gemacht werden können. Zum Beispiel das Gehen auf rutschigem Untergrund, über Gitter springen und vieles mehr. Weil wir aber tatsächlich auch mit «Echt-Stoff» trainieren, haben wir beruflich Zugriff darauf. Betäubungsmittel, welche wir zur Hundeausbildung brauchen, sind dokumentiert. Wir können von Swissmedic jederzeit kontrolliert werden.
Gab es Trainings-Einschränkungen wegen der Pandemie?
Ja, die BAG-Vorschriften gelten auch für uns. Wir mussten teilweise Ausbildungen anpassen oder streichen und trainierten einzeln statt in Gruppen.
Wie darf man sich die Prüfung für einen Polizeihund vorstellen?
In der Einsatzprüfung wird kontrolliert, ob der Hund die geforderten Betäubungsmittel findet und anzeigt. Auch werden Reife, Ausdauer und das Arbeitsverhalten des Hundeteams überprüft. Die Prüfung selbst besteht aus vier Teilen: Fahrzeugdurchsuchung, Gepäckdurchsuchung, Innenraum und Geländedurchsuchung.
Was gibt es zur Belohnung?
Die Belohnung für das Auffinden des Betäubungsmittels ist je nach Hund unterschiedlich. Das kann Futter, das Lieblingsspielzeug oder auch nur ein von Herzen kommendes Lob sein. Für den Hundeführer ist die Belohnung, dass er von nun an mit seinem Hund in den Einsatz gehen darf und das Gelernte anwenden und zeigen kann.
Worin ist Ocean besonders stark?
Ocean kommt aus einer jagdlich geführten Leistungszucht. Er hat einen unglaublichen Arbeitswillen und strotzt nur so vor Energie. Die Nasenarbeit bedeutet für ihn alles.
Was muss er noch verbessern?
Wie bei einem Lehrling, welcher die Lehrabschlussprüfung bestanden hat, fehlt Ocean die Erfahrung, welche nur in den Einsätzen gesammelt werden kann. Er wird mit den Erfahrungen ruhiger und genauer im Suchverhalten.
Wie oft trainieren Sie mit Ocean nun weiter? Und wie?
Über Neujahr haben Ocean und ich uns eine Trainingspause gegönnt. Mitte Januar nahmen wir das regelmässige Training wieder auf. Nebst den offiziellen zwei Ausbildungstagen pro Monat werden wir auch in der Freizeit wieder trainieren müssen, um uns zu verbessern und die angestrebte Ausbildung zum Personensuchhund zu erreichen.
Wann soll diese starten?
Wann dies sein wird, kann ich nicht sagen, dies hängt von den aktuellen Trainingsmöglichkeiten ab.
Kam Ocean bereits zum Einsatz?
Ocean hatte schon seinen ersten Einsatz und konnte sein Können
erfolgreich anwenden.
Wie viele Einsätze erwarten ihn durchschnittlich?
Ocean dürfte zwischen 50 und 100 Einsätze pro Jahr haben.
Wie sieht ein gewöhnlicher Einsatz aus?
Die Einsätze sind unterschiedlich. Dies können Hausdurchsuchungen, Fahrzeugdurchsuchungen oder Einsätze am Flughafen oder im Zug sein. Der Diensthund kann durch jeden Mitarbeiter angefordert werden.
Kann ein Betäubungsmittelspürhund auch Einbrecher fangen?
Nein, das geht mit einem Betäubungsmittelspürhund nicht. Wenn wir aber die Ausbildung zum Personensuchhund absolviert haben, kann er später die Fährte einer Person aufnehmen und verfolgen.
Ist ein Polizeihund trotzdem auch ein Schmusetier für Kinder oder Herrchen? Oder sollte man die Nähe besser meiden?
Nebst der Arbeit braucht Ocean auch den sozialen Ausgleich. Seien dies Spaziergänge, Herumtollen oder auch ausgiebige Kuscheleinheiten beim Herrchen oder bei den Kindern. Einfach Hund sein. Grundsätzlich sollte man jeden Hundeführer – auch Privatleute – zuerst fragen, ob man sich dem Hund nähern darf. Denn jeder Hund reagiert anders.
Kann es sein, dass Ocean beim Gassigehen in der Freizeit Jugendliche mit Joints anbellt oder angreift?
Nein, die Sucharbeit ist eine rein friedliche Arbeit. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass jemand das Interesse von Ocean weckt, wenn er sich mit Betäubungsmitteln in der Nähe aufhält. Es kann sein, dass Ocean eine Passivanzeige macht.
Was bedeutet Passivanzeige?
Früher wurden die Hunde so ausgebildet, dass sie beim Versteck angefangen haben zu kratzen. Dies nennt man eine Aktivanzeige und das kann man ab und zu noch in Filmen sehen. Diese Art von Anzeige hat einige Negativpunkte: Sachschaden, Gefahr der Einnahme von Betäubungsmitteln durch Beschädigung der Verpackung und vieles mehr. Nun werden die Hunde in der sogenannten Passivanzeige ausgebildet. Dabei soll der Hund beim Auffinden eines Verstecks verharren und das Versteck mit seinem Blick fixieren. Dies in der Position, in welcher er sich gerade befindet. Oder er begibt sich vor dem Verharren in ein «Sitz» oder «Platz». Dieses Anzeigeverhalten ist bei einem Sprengstoffspürhund unumgänglich. Kratzen an einer Bombe wäre wohl nicht vorteilhaft. Die Arbeit wird durch das passive Anzeigeverhalten ruhiger.
Was machen Ocean und sein Herrchen, wenn nicht gerade nach Betäubungsmitteln gesucht wird?
Hundeführer ist bei der Kantonspolizei Schwyz ein Nebenamt. Wenn ich nicht an Hundeausbildungen oder an Einsätzen bin, sind Ocean und ich als Fahnder im Kanton unterwegs. Natürlich immer in der Hoffnung, einen nächsten Einsatz zu haben und irgendwo Betäubungsmittel aufzuspüren.
Wie viele Polizeihunde – und welche Rassen – sind im Kanton Schwyz im Einsatz?
Die Rassen werden nach Veranlagung und vorgesehener Ausbildung ausgesucht. Bei der Kapo Schwyz sind Deutsche Schäferhunde, Rottweiler, Malinois, Kelpie und Ocean als Labrador Retriever im Einsatz. Dabei handelt es sich um Schutzhunde, Betäubungsmittelspürhunde und Personensuchhunde.
Sind das mehr oder eher weniger Tiere als früher?
Trotz aller technischen Hilfsmittel ist der Hund in der Polizeiarbeit ein unersetzliches Einsatzmittel. Die Sondergruppe Hundeführer der Kantonspolizei Schwyz durfte sich in den letzten Jahren weiterentwickeln.