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30.12.2020
06.05.2022 15:35 Uhr

In der Brauerei hat sie das Sagen

Stephanie Schwarzmüller leitet die Brauerei des Wädi-Bräu. (Bild: Patrick Gutenberg)
Stephanie Schwarzmüller leitet die Brauerei des Wädi-Bräu. (Bild: Patrick Gutenberg) Bild: Patrick Gutenberg
Beim Wädi-Bräu in Wädenswil gibt Stephanie Schwarzmüller den Ton an. So läuft es ihr als Frau in einem vermeintlichen Männerberuf.

Es ist eng und laut in der kleinen Wädenswiler Braustube im Einkaufszentrum. Morgens um acht leert Stephanie Schwarzmüller säckeweise Malzschrot in das heisse Wasser in der Maisch- und Würzepfanne. Scheinbar mühelos hebt sie die 25-Kilo- Säcke in die Höhe. So schnell kommt sie nicht ins Schwitzen, denn für die 27-Jährige ist das Alltag. Sie ist die Chefbrauerin der Wädi-Brau-Huus AG.

Wasser, Hopfen, Malz und Hefe – mehr braucht es nicht für ein Bier. Doch der Prozess dauert Stunden. Sie sei froh, wenn sie den Arbeitstag um 20 Uhr beenden könne, sagt Schwarzmüller. Statt zurücklehnen und warten muss tagsüber geputzt werden. Das Putzen sei ein grosser Teil der Arbeit.

Elf 25-Kilo-Säcke Malzschrot braucht es für 1600 Liter Bier. (Bild: Patrick Gutenberg) Bild: Patrick Gutenberg

Zwischendurch gehts in den Keller. Lauter Hip-Hop dröhnt durch den feuchten Raum. Die Mitarbeiter der Braumeisterin hören den Sound zum Arbeiten. Hier stehen die Tanks, voll mit den unterschiedlichsten Biersorten. Natürlich probiert die Braumeisterin zwischendurch, das gehört dazu. Die 27-Jährige lächelt und geniesst. Das Pils schmeckt, die Qualität stimmt. Schmeckt das Bier eigentlich immer gleich? «Nicht immer, gerade bei Kleinbrauereien», erklärt die Brauchefin. In Wädenswil arbeiteten verschiedene Brauer, die das Bier herstellen. «Da wir es handwerklich brauen und nicht so hochmoderne Anlagen haben wie Grossbrauereien, schleichen sich schon leichte Unterschiede ein.» Frisches Bier habe zudem einen andern Geschmack als älteres. Bei derselben Abfüllung gebe es aber keine Unterschiede.

«Privat habe ich schon auch mal keine Lust auf Bier – bei der Arbeit gehört das Probieren aber dazu.»
Stephanie Schwarzmüller, Leiterin er Brauerei des Wädi-Bräu

Klein, aber fein

Die meisten Biersorten sind vorgegeben, beim Saisonbier dürfen die Mitarbeitenden der Brauerei auch mal selber etwas ausprobieren. An diesem Tag braut Schwarzmüller dunkles Bier, eine der etablierten Sorten. Es unterscheidet sich vom hellen in erster Linie in der Auswahl des Malzes und braucht im Herstellungsprozess meist länger. 1600 Liter Bier stellen die Braumeisterin und ihr Team im Sudhaus, das immer noch gleich aussieht wie bei der Eröffnung 1992, an einem Tag her.

In Wädenswil wird eine kleine Menge gebraut im Vergleich zu Schweizer Grossbrauereien wie Feldschlösschen oder Eichhof. Doch Stephanie Schwarzmüller fühlt sich hier wohl. Für später könne sie sich schon vorstellen, bei einer Grossbrauerei, bei der von Industrieproduktion gesprochen wird, zu arbeiten. «Aber das Handwerkliche gefällt mir. Man sieht, was man macht», sagt sie.

Das Malz wird mit dem Wasser vermischt. (Bild: Patrick Gutenberg) Bild: Patrick Gutenberg

Am Handwerklichen liegt es vielleicht auch, dass Bierbrauen immer noch als Männerberuf gilt. Stephanie Schwarzmüller mag die Frage nicht besonders, wie es als Frau unter Männern ist. Bevor die Mönche im Mittelalter das Brauen institutionalisiert hätten, sei es normal gewesen, dass Frauen brauten. Im Alltag mit den Kollegen sei das Geschlecht kein Thema. Sie räumt aber ein, dass sich ab und zu ein Restaurantgast wundert, dass sie das Bier braut.

Braumeisterinnen und Brauerinnen sind in der Schweiz immer noch in der Minderheit, wie eine Nachfrage beim Schweizer Brauerei-Verband ergibt. Christoph Lienert, stellvertretender Direktor, meint, dass historisch bedingt Bierbrauen immer noch als Männerberuf gelte. Ihm fielen aber spontan Brauerinnen ein, die für Eichhof, Locher (Appenzeller Bier) und die Brauerei Fischerstube (Ueli Bier) tätig seien. Wie viele Frauen in der Schweiz als Brauerinnen oder Braumeisterinnen arbeiten, kann Lienert nicht sagen. Bei der Lehrausbildung zum Lebensmitteltechnologen mit Schwerpunkt Bier seien jährlich eine bis zwei Frauen dabei, bei jeweils zehn Lehrlingen.

Den vollständigen Bericht finden Sie in der Ausgabe vom «March-Anzeiger» und «Höfner Volksblatt» vom Mittwoch, 30. Dezember.

Pascal Jäggi