mit Daniel Gutenberg sprach Anouk Arbenz
Aufgewachsen in Zürich, absolvierte Daniel Gutenberg sein Studium in Elektrotechnik in der Westschweiz, bevor für drei Jahre nach Amerika reiste und dort zunächst als Ski- und dann als Surflehrer arbeitete. 1990 gründete er sein eigenes Unternehmen, Gutenberg Communication Systems AG, die er zehn Jahre lang führte und 2000 an Telindus verkaufte. 2003 wurde er Partner von VI Partners, eine Venture-Capital-Gesellschaft mit Sitz in Altendorf. Seitdem ist Daniel Gutenberg als Business Angel und Investor von Startups aktiv. Von der Schweizerischen Vereinigung für Unternehmensfinanzierung Seca wurde er 2011 zum «Business Angel of the Year» gewählt, die «Handelszeitung» nahm Gutenberg dieses Jahr in seine «Hall of Fame» auf, da er bereits zum dritten Mal zu den «100 Digital Shapers» der Schweiz zählt.
Ihre Biographie liest sich eindrücklich. Dennoch sagt Ihr Name wohl den meisten nicht viel. Halten Sie sich bewusst etwas bedeckt?
Mein Aktionsradius ist in der Schweiz nicht so gross wie im Ausland, ich bin eher global tätig. Ausserdem sage ich nicht für jedes Interview zu, weil ich sonst noch mehr mit E-Mails überschwemmt würde.
Durch Ihre jahrelange Erfahrung als Investor werden Sie mittlerweile ein gutes Auge dafür haben, wer das Potenzial zum Erfolg hat. Woran erkennen Sie dies?
Bevor es das Internet gab, ging ich an die grossen Messen in Hannover und Las Vegas. Dabei ging ich immer strukturiert vor. Alle Stände, bei denen ich nicht innerhalb von 30 Sekunden begriff, was hier verkauft respektive welches Problem gelöst wird, zog ich gar nicht erst in Betracht. Dieses Prinzip befolge ich auch heute noch, auch wenn ich nicht mehr an Messen gehe, sondern mir Businesspläne anschaue oder an Businessplan-Contests gehe.
Das heisst, Startups sollten unbedingt an ihrer Kommunikation arbeiten.
Genau. Um wirklich Erfolg zu haben, muss die Vision muss ganz klar vermittelt werden.
Wie testen Sie die Startups, die Ihr Interesse geweckt haben?
Ich überprüfe dann, ob die Idee wirklich einzigartig ist oder ob es schon Alternativen gibt. Wenn ein grosser Abstand besteht zwischen diesem Startup und den Mitbewerbern, dann ist es für mich weiterhin interessant.
Wie viel investieren Sie maximal in ein Unternehmen?
Ich investiere immer genug, damit das Geld sicher bis zum ersten «Milestone» reicht. Meistens kann ich es aber nicht alleine stemmen und bilde ein Konsortium mit anderen Investoren.
Was ist das für ein Meilenstein?
Wir nennen es den «Inflection Point», wenn man zum ersten Mal zeigen kann, dass das Produkt oder die Lösung funktioniert. Das kann ein Prototyp sein, der zum Laufen kommt oder die ersten 10 000 Kunden oder Downloads.
Wie lange investieren Sie?
Solange ich das Gefühl habe, dass ich immer noch der Einzige bin, der daran glaubt (lacht). Das kann teilweise sehr lange sein. In Mobileye beispielsweise war ich von 1999 bis 2018 investiert.
Wie viel Einfluss haben Sie auf Strategie und Entscheide der Startups?
Generell sehr wenig. Am Anfang habe ich viel Einfluss bei der Zusammensetzung des Konsortiums, das die Investition macht, und beim Festlegen der Zielrichtung. Am Schluss habe ich Einfluss, wenn es darum geht, die Firma zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Zwischendurch habe ich aber praktisch keinen Einfluss, ist auch gar nicht möglich bei so vielen Firmen.
Sie vertrauen den CEOs also voll und ganz?
Für gewöhnlich investiere ich in Leute, die intelligenter sind als ich.
Welche weiteren Eigenschaften suchen Sie bei der Führung?
Ich suche Unternehmer, die an ihre Lösung oder ihr Produkt glauben und die Welt verbessern möchten. Auf Englisch würde man sagen: «People that eat, drink and sleep their ideas.»
Also Elon Musk-Typen?
Genau. Davon gibt es allerdings nicht viele. Sie sind aber nicht zu übersehen, denn über diese Typen wird häufig gesprochen, da sie polarisieren.
Welche Fehler sehen Sie häufig bei Startups?
Häufig sehe ich, dass sie zu wenig
genau ihre Vision definieren. Wenn man mehr als eine halbe Seite dafür braucht, dann macht man wahrscheinlich zu viel. Gerade als Startup muss man sehr fokussiert sein. Der zweite Fehler ist gerade das Gegenteil – wenn man sich zu wenig breit macht: Meiner Meinung nach muss man von Anfang an global denken, wenn die Idee sinnvoll ist. Wir leben in einer globalisierten Welt.