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Tier des Jahres: Hain-Schnirkelschnecke

Die Augen der Hain-Schnirkelschnecke sitzen auf dem oberen Fühlerpaar. Die Sehfähigkeit der Schnecke ist allerdings gering. Der Tast- und der Geruchssinn sind dagegen sehr ausgeprägt.
Die Augen der Hain-Schnirkelschnecke sitzen auf dem oberen Fühlerpaar. Die Sehfähigkeit der Schnecke ist allerdings gering. Der Tast- und der Geruchssinn sind dagegen sehr ausgeprägt. Bild: Pro Natura
Pro Natura wählt die Hain-Schnirkelschnecke zum Tier des Jahres 2025 – und rückt damit die oft übersehene Bodenbiodiversität ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Sie ist weit verbreitet, aber selten beachtet: Die Hain-Schnirkelschnecke (Cepaea nemoralis) lebt in Gärten, Wiesen, Waldrändern und auf Agrarflächen – fast überall in der Schweiz unterhalb von 900 Metern.

Mit ihrer Wahl zum Tier des Jahres 2025 will Pro Natura auf die immense Bedeutung des Bodenlebens aufmerksam machen. Denn gesunde Böden sind nicht selbstverständlich – und die Schnecke steht sinnbildlich für all jene kleinen Lebewesen, die im Verborgenen grosse Arbeit leisten.

Eine kleine Bodenmacherin

Mit ihrer rauen Raspelzunge frisst die Hain-Schnirkelschnecke abgestorbene Pflanzenteile, Moose, Pilze und gelegentlich sogar Aas. So trägt sie dazu bei, organisches Material in den Boden zurückzuführen – ein zentraler Bestandteil des Nährstoffkreislaufs. Schnecken wie sie helfen mit, die Erde fruchtbar zu halten und die Grundlage für gesunde Pflanzen und funktionierende Ökosysteme zu schaffen.

Doch das sensible Gefüge unter unseren Füssen ist bedroht. Durch Pestizide, Bodenverdichtung und zunehmende Versiegelung verlieren viele dieser stillen Helfer ihren Lebensraum. Pro Natura nutzt deshalb die Symbolkraft ihres Tiers des Jahres, um für einen respektvollen Umgang mit dem Boden zu werben.

Kleines Naturwunder

Auch optisch ist die Hain-Schnirkelschnecke ein kleines Naturwunder: Ihr rechtsgedrehtes, rund 2.5 Zentimeter grosses Häuschen kann von cremefarben bis pastellrot variieren und ist oft mit bis zu fünf dunklen Bändern geschmückt. Der dunkle Gehäusemund und der verschlossene Nabel unterscheiden sie von der sehr ähnlichen Garten-Schnirkelschnecke.

Das auffällige Schneckenhaus dient nicht nur dem Schutz bei Trockenheit oder Kälte – es beherbergt auch die lebenswichtigen Organe wie Herz, Leber, Lunge, Magen und Niere. Ein kleines, tragbares Zuhause, perfekt angepasst an das Leben am Boden.

Bevor die zwittrigen Tiere Samenpakete austauschen, liebkosen sie einander stundenlang. Bild: Pro Natura

Amore, amore…

Zur Paarungszeit im Frühling oder Herbst bieten die Hain-Schnirkelschnecken ein erstaunliches Schauspiel. Bevor die zwittrigen Tiere Samenpakete austauschen, liebkosen sie einander stundenlang, inklusive Stimulation mit einem Liebespfeil aus Kalk. Später legen sie einige Dutzend Eier in eine selbst gegrabene Erdhöhle.

Die winzigen Jungschnecken schlüpfen nach drei Wochen. Die Hain-Schnirkelschnecke wird mit drei Jahren geschlechtsreif. Sie kann in der Natur etwa sechs Jahre alt werden.

Guter Schleim ist alles

Die Hain-Schnirkelschnecke bewegt sich auf ihrem muskulösen Fuss vorwärts, immer auf dem selbst produzierten Schleimteppich gleitend. Sie kann selbst Messerschneiden unbeschadet überkriechen. Eine Hain-Schnirkelschnecke legt etwa 3.5 Meter pro Stunde zurück.

Schnecken können je nach Bedarf Schleim in unterschiedlichen Zusammensetzungen produzieren: Als «Reiseteppich», bei der Paarung, als Abwehrmittel, bei Verletzungen.

Mit der Hain-Schnirkelschnecke als Tier des Jahres 2025 ruft Pro Natura dazu auf, genauer hinzusehen – nicht nur auf, sondern vor allem in den Boden. Denn nur wo das Leben unter unseren Füssen intakt ist, kann auch das Leben darüber gedeihen.

Zürioberland24/gg/Linth24