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18.07.2025

Erdwärme: Mega-Pipeline wankt

Durch solche Leitungen könnte dereinst Fernwärme von Hinwil nach Rapperswil-Jona fliessen.
Durch solche Leitungen könnte dereinst Fernwärme von Hinwil nach Rapperswil-Jona fliessen. Bild: zVg
In der Energiepolitik werden derzeit die Karten neu gemischt. In Rapperswil-Jona hält man an den Plänen einer Erdwärme-Leitung nach Hinwil fest. Doch die Fragezeichen mehren sich.

Derzeit macht ein Huhn in der Schweizer Politik die Runde. Als solches hat SVP-Nationalrat Christian Imark die alt Bundesrätin Doris Leuthard bezeichnet. Grund: Die frühere Magistratin will nichts von Atomkraftwerken wissen.

Mit Energie Zürichsee Linth, der Stadt Rapperswil-Jona und dem Erwärme-Projekt mit einer acht Kilometer langen Pipeline in die Kehrrichtverwertung Zürich Oberland in Hinwil (KEZO) hat dies direkt nichts zu tun. Und dennoch drückt die Geschichte die Gefühlslage in der Energiepolitik aus: Es herrschen Unsicherheit und Orientierungslosigkeit.

Zürcher Kehrtwende

Jüngstes Beispiel: Am Donnerstag vollzog die Zürcher Kantonsregierung eine spektakuläre Kehrtwende und distanzierte sich von den ursprünglich definierten Klimazielen bis 2040. Gründe: zu unsicher, zu teuer, demokratisch auf brüchiger Basis. 

Vor diesem Hintergrund flatterte am Freitagmorgen ein Communiqué von Energie Zürichsee Linth (EZL) zu einem bemerkenswerten Zeitpunkt ins Haus. Inhalt: Die geplante Versorgung von Rapperswil-Jona mit Fernwärme aus der Kehrrichtverwertung Zürich Oberland. Für ein Investitionsvolumen von 150 bis 180 Millionen Franken sollen dereinst 11'000 Wohnungen in Rapperswil-Jona versorgt werden – über eine Transportlänge von rund 8 Kilometern Länge.

Bubikon steigt aus

Doch mittlerweile bröckelt das Projekt. Mit der Zürcher Oberländer Gemeinde Bubikon hat sich am 11. Juli eine Partnerin zurückgezogen. Nach einer Kostennutzenrechnung entschied sich die Kommune, aus dem Projekt auszusteigen. Quintessenz: «Klimaneutralität nicht um jeden Preis».

EZL-CEO Ernst Uhler äussert sich eher vorsichtig zum Projekt. Bild: zVg/Collage: Linth24

Günstigere Rechnung

Bei Energie Zürichsee Linth hält man bis auf weiteres am Projekt fest. In besagter Mitteilung heisst es unter anderem: «Das Projekt hat seit der Lancierung guten Fortschritt genommen und an Planungssicherheit gewonnen. Durch Projektoptimierung konnte das Investitionsvolumen deutlich gesenkt werden.» In Zahlen heisst das: Momentan würden sich die Kosten auf 115 Millionen Franken belaufen.

«Nicht in Stein gemeisselt»

In Rapperswil-Jona sei man kurz vor Abschluss der Planungsphase: «Der Beginn des Baus der Transportleitung ist im zweiten Halbjahr 2026 vorgesehen». Auf Nachfrage von «Linth24» relativiert CEO Ernst Uhler allerdings. Das Projekt sei auf gutem Wege, aber nicht in Stein gemeisselt. Noch seien nicht alle Vertragsdetails mit der KEZO geklärt.

Aus Hinwil soll dereinst Rapperswil-Jona Erdwärme beziehen. Bild: © Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland

Die Stadt zurückhaltend

Eher zurückhaltend äussert sich die Stadt Rapperswil-Jona. Kommunikationschef Daniel Keller verweist darauf, dass die operative Verantwortung bei EZL liege und sagt: «Selbstverständlich beobachten wir das Projekt und die laufenden Entwicklungen mit grossem Interesse. Wir verfolgen weiterhin das Ziel, die Bevölkerung mit klimafreundlichen und sicheren Energielösungen versorgen zu können».

Effizient und nachhaltig?

Aus Sicht der Stadt Rapperswil-Jona seien die Ansprüche an künftige Energie- und Heizlösungen nach wie vor unverändert. Auf die Kardinalsfrage, ob die Stadt weiterhin auf Erdwärme aus Hinwil setzt, bleibt Keller unverbindlich: «Die Stadt Rapperswil-Jona sieht weiterhin Potenzial in der Nutzung von Fernwärme aus Hinwil. Die direkte Nutzung der Abwärme der KEZO ist aus ökologischer Sicht eine effiziente und nachhaltige Lösung».

Begeisterung tönt anders. Oder: Noch existiert die Pipeline von Rapperswil-Jona nach Hinwil erst als Planspiel.

Thomas Renggli