Was fehlt uns, um die Energiewende zu meistern? Die Technologien für die Produktion und Speicherung erneuerbarer Energien sind vorhanden und entwickeln sich stetig weiter. Die Schwierigkeit liegt bei der Umsetzung. Es gilt, Wirtschaft, Politik und die Öffentlichkeit mit ihren teilweise gegensätzlichen Interessen unter ein (Solar-)Dach zu bringen.
Die Empa-Forschenden Harald Desing, Hauke Schlesier und Marcel Gauch aus der Abteilung «Technologie und Gesellschaft» haben einen Vorschlag erarbeitet, wie die Energiewende rasch, nachhaltig und sozialverträglich gemeistert werden könnte – sei es auf der ganzen Welt, in der Schweiz oder auch nur in einer einzelnen Gemeinde. Die Studie dazu wurde in der Fachzeitschrift «Progress in Energy» veröffentlicht.
«Solare Grundversorgung»
Ihr Modell nennen die Forschenden die «solare Grundversorgung». Demnach soll jeder Mensch ein persönliches Solarstrom-Budget von 500 Watt (entspricht 4400 Kilowattstunden pro Jahr) erhalten – finanziert von der Allgemeinheit. «Viele essenzielle Dienste werden bereits als Grundversorgung zur Verfügung gestellt, etwa Strassen, Bildung sowie Wasserversorgung und Kanalisation.
Warum nicht also auch die Grundlage für die Energiewende?», erklärt Harald Desing, der Erstautor der Studie. «Grundlage» ist ein wichtiges Stichwort. Solare Grundversorgung bedeutet nämlich nicht, dass der Staat den ganzen Energiebedarf der Gesellschaft kostenlos deckt. Die 500 Watt reichen – zumindest in der Schweiz – dafür aus, um die Stromlücke zu schliessen, die durch den Wegfall fossiler Energieträger entsteht. Das Modell sieht allerdings keine öffentlichen Stromspeicher vor. Will heissen: Der öffentliche Strom ist nur dann frei verfügbar, wenn die Sonne scheint.
Diese Einschränkung erfüllt gleich zwei wichtige Funktionen: Zum einen soll sie Individuen und Unternehmen motivieren, ihr Verhalten anzupassen und vor allem dann Strom zu verbrauchen, wenn er kostenlos zur Verfügung steht. Die Forschenden sprechen von einer «Sonnenblumengesellschaft», die sich wie ihre Namensgeberin stets nach der Sonne richtet.
Zum anderen spart der Verzicht Geld. «Der Bau von Speichern verteuert die Energiewende», weiss Desing. «Deshalb gehört die Energiespeicherung in unserem Modell nicht zur Grundversorgung, sondern ist vielmehr eine Annehmlichkeit, die weitere private Investitionen erfordern wird.»