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15.06.2025
15.06.2025 15:07 Uhr

Ein Märchler mitten im amerikanischen Bürgerkrieg

Schlacht bei Cold Harbor im US-Bürgerkrieg.
Schlacht bei Cold Harbor im US-Bürgerkrieg. Bild: Wikimedia Commons
Ein unscheinbares Archivdokument, eine schwer lesbare Handschrift – und dahinter das Schicksal eines Märchlers, der in einem der blutigsten Kapitel der US-Geschichte sein Leben liess.

Auf den ersten Blick wirkt das Dokument aus dem Bezirksarchiv March unscheinbar. Hinter dem Brief in schwer lesbarer Schrift aus dem Jahr 1864 steckt aber viel Geschichte – eine, über die nur wenig bekannt ist. Im Schreiben informiert der Schweizerische Bundesrat nämlich über den Tod eines Johann Kesslers – gestorben fernab seiner Heimat. Auf einem Schlachtfeld im US-amerikanischen Bürgerkrieg.

Die Information aus Washington ging erst nach Bern, dann als Brief nach Uri und später an den Bezirk March, woher Kessler aller Wahrscheinlichkeit nach stammte. Warum das Schreiben diesen Weg nahm, weiss man auch beim Bezirksarchiv March nicht. Wurde möglicherweise das Urner Altdorf mit dem Schwyzer Altendorf verwechselt? Klar ist nur: Kessler starb im Juni 1864 in der Schlacht bei Cold Harbor, im US-Bundesstaat Virginia.

Die Hölle von Cold Harbor

Die mehrtägige Schlacht bei Cold Harbor gilt als eine der blutigsten des Amerikanischen Bürgerkriegs. Der Grund: Die Unionsarmee befahl am 3.Juni 1864 einen massiven Frontalangriff auf die stark befestigten Linien der Konföderierten. Schützengraben, Erdwälle und Artillerie sorgten dafür, dass an jenem Tag rund 7000 Unionssoldaten innerhalb von nur 20 Minuten getötet wurden. Auch Kessler diente in der Unionsarmee, also bei den Nordstaaten. An welchem Tag der Schlacht er gefallen ist, wird im Dokument nicht erwähnt. Dafür aber, dass er im 56. New Yorker Infanterieregiment gekämpft haben soll. Nur: Den Geschichtsbüchern zufolge kämpfte diese Einheit nie in Cold Harbor. In der offiziellen US-Regierungsdatenbank mit über sechs Millionen Namen von Soldaten beider Seiten, findet sich jedoch ein John Kessler – die anglisierte Form von Johann. Dieser diente im 66.New Yorker Infanterieregiment.

Jene Einheit kämpfte auch in Cold Harbor und war direkt an den Frontalangriffen vom 3. Juni 1864 beteiligt. Viel wahrscheinlicher ist es also, dass es sich bei diesem John Kessler um die gesuchte Person aus der March handelt. Denn historische Dokumente, besonders handschriftliche oder nachträglich verfasste, enthielten nicht selten Ungenauigkeiten oder Missverständnisse.

Dieses Dokument aus dem Bezirksarchiv informiert über den Tod von Johann Kessler – gefallen im Amerikanischen Bürgerkrieg. Bild: Bezirksarchiv March, Signatur BEZ.03.050.3.B.Xxa.292

 6000 Schweizer in den Reihen er Unionsarmee

Was auch immer Kessler in diesen Konflikt brachte, er war bei weitem nicht der einzige Kämpfer aus der Schweiz. Schätzungen zufolge sollen rund 6000 Schweizer in der Unionsarmee gedient haben. Einwanderer waren wichtig für die Armeen bei der Rekrutierung von Kriegswilligen. In der Unionsarmee gab es gleich mehrere Einheiten mit vielen Schweizern. Darunter das 15. Missouri Regiment, das den Übernamen «Swiss Rifles», also «Schweizer Gewehre», trug. Geübt in den heimatlichen Schützenvereinen hatten sich besonders viele für die Scharfschützen rekrutieren lassen.

Wie viele Schweizer für die Konföderierten kämpften, ist nicht bekannt. Dass es sie gab, ist aber belegt. Der wohl bekannteste von ihnen war der Zürcher Heinrich «Henry» Wirz. Ein Infanteriesoldat der zum Rang eines Captains (Hauptmann) aufstieg und später zum Lagerleiter des grössten und berüchtigtsten Gefangenenlagers der Südstaaten, Camp Sumter, wurde. Nach dem Bürgerkrieg wurde er aufgrund von Kriegsverbrechen hingerichtet.

 

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Martin Bruhin, Redaktion March24 & Höfe24