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Ausland
11.05.2025

Künstlicher Regen in China

Eine Drohne versprüht Silberiodid über der Wüste Xinjiang – mit dieser Technik wird künstlicher Regen erzeugt, um trockene Regionen gezielt zu bewässern.
Eine Drohne versprüht Silberiodid über der Wüste Xinjiang – mit dieser Technik wird künstlicher Regen erzeugt, um trockene Regionen gezielt zu bewässern. Bild: KI
Mit Drohnen und Chemie zauberte China im Juli 2023 über 700 Millionen Liter Regen in die Wüste Xinjiang.

In der chinesischen Region Xinjiang treffen extreme klimatische Bedingungen aufeinander – die Wüsten Gobi und Taklamakan prägen das trockene Landschaftsbild. Doch im Juli 2023 fiel dort plötzlich deutlich mehr Regen als gewöhnlich: Über 700 Millionen Liter, exakt 78'200 Kubikmeter zusätzlich. Was zunächst nach einem seltenen Wetterphänomen wirkte, stellte sich als bewusst herbeigeführte Veränderung heraus.

Verantwortlich war ein gross angelegtes wissenschaftliches Experiment, das nun in der Fachzeitschrift «Desert and Oasis Meteorology» veröffentlicht wurde. Demnach wurde das Wetter gezielt beeinflusst – mit einer Methode namens «Cloud Seeding».

«Cloud Seeding»

Zentraler Bestandteil des Experiments war der Einsatz von Silberiodid, einem gelben Pulver. Jeweils ein Kilogramm davon wurde an Fackeln befestigt, die an Drohnen angebracht waren. Diese flogen in eine Höhe von etwa 5500 Metern, wo das Silberiodid durch Zünden der Fackeln als Rauch freigesetzt wurde. Ziel war es, bestehende Wolken zur Regenbildung anzuregen.

Silberiodid wirkt dabei als Kondensationskern: Die Partikel ziehen Wassertröpfchen an, die sich dadurch vergrössern und schliesslich als Niederschlag zu Boden sinken. Der Vorgang nutzt also vorhandene Feuchtigkeit in der Luft, um Regen gezielt auszulösen.

Umweltrisiko durch Silberiodid

Trotz der beeindruckenden Wirkung birgt der verwendete Stoff Risiken. Im europäischen Chemikalienrecht gilt Iodid als umweltgefährdend. Substanzen dieser Kategorie können die natürlichen Eigenschaften von Luft, Wasser, Boden oder Lebewesen derart verändern, dass sie kurz- oder langfristig Schäden verursachen.

Insbesondere die potenziellen Folgen für Mikroorganismen, Tiere und Pflanzen stehen im Fokus der Kritik. Dennoch findet der Einsatz weiterhin statt, nicht nur in China.

Wettersteuerung

Neben China experimentieren auch andere Staaten mit der gezielten Wetterbeeinflussung. In Russland wird etwa vor wichtigen Militärparaden dafür gesorgt, dass sich Regenwolken bereits im Vorfeld entladen. Dadurch bleibt der Himmel zum Zeitpunkt der Veranstaltungen meist wolkenfrei.

Auch in den Vereinigten Staaten laufen seit Jahren Studien zum Thema. In einzelnen Fällen konnte ein Anstieg des Niederschlags um ein bis fünf Prozent durch Cloud Seeding nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse ähneln jenen, die auch die aktuelle chinesische Untersuchung beschreibt.

Messbare Auswirkungen

Die chinesische Studie nutzte drei verschiedene Methoden zur Auswertung. Mithilfe von Regentropfenspektrometern konnte nachgewiesen werden, dass sich der durchschnittliche Tröpfchendurchmesser in behandelten Wolken von 0,46 auf 3,22 Millimeter erhöhte. Parallel zeigten Satellitenaufnahmen, dass die Temperatur der Wolkendecke um bis zu zehn Grad sank, während das vertikale Wachstum der Wolken um rund drei Kilometer zunahm.

Zusätzlich wurde die gesamte Niederschlagsmenge mit historischen Wetterdaten verglichen. Das Ergebnis: eine Zunahme von knapp vier Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahrzehnte.

Technik bald im Alltag

Die Autoren der Studie sehen grosses Potenzial in dieser Technik. Der gezielte Einsatz von Drohnensystemen ermögliche künftig flächendeckende, ganzjährige Eingriffe zur Verbesserung von Regen- und Schneefall. Die Forschenden gehen davon aus, dass solche Methoden schon bald im Alltag Anwendung finden könnten.

Noch bleibt offen, ob solche Massnahmen langfristig ökologisch vertretbar sind. Die Technik aber steht bereit – und ihr Einfluss auf das Wetter ist längst keine Zukunftsvision mehr.

Goldkueste24