In Gastronomiebetrieben und der Lebensmittelproduktion fällt täglich eine erhebliche Menge an gebrauchtem Pflanzenöl an, das meist entsorgt wird. Diese vermeintlich wertlose Ressource wird nun in Zürich einem neuen Zweck zugeführt: Mehrere Feuerwehren im Kanton testen derzeit, ob sich das recycelte Öl als Dieselersatz eignet.
Beim verwendeten Kraftstoff handelt es sich um HVO – hydriertes, also chemisch aufbereitetes Pflanzenöl. Hergestellt wird es aus Altöl wie Frittieröl oder Rückständen der Nahrungsmittelindustrie. Die umweltfreundliche Alternative wird im Rahmen eines Pilotprojekts der Gebäudeversicherung Kanton Zürich (GVZ) untersucht.
Speiseöl im Tank
Seit dem vergangenen Sommer sind fünf Organisationen beteiligt: Feuerwehren aus Zürich, Kloten, Wallisellen, Männedorf-Uetikon und St. Gallen nehmen am Versuch teil. Entscheidend für die Auswahl war, dass diese über eigene Tankanlagen verfügen und ihre Fahrzeuge somit intern mit HVO betanken können.
Geplant war der Einsatz zunächst mit 20 Fahrzeugen. Aufgrund positiver Resultate hat Schutz & Rettung Zürich die Anzahl auf 60 erhöht. Inzwischen ist der Treibstoff an sämtlichen von dieser Organisation betriebenen Tankstellen verfügbar.
Volle Einsatzfähigkeit
Die Feuerwehr Männedorf-Uetikon betreibt ihre gesamte Fahrzeugflotte – neun Fahrzeuge – mit HVO. Alle Fahrzeuge, egal ob gross oder klein, werden regelmässig überprüft und eingesetzt. Dabei zeigt sich im Betrieb kein Unterschied zu herkömmlichem Diesel.
Auch bei extremen Bedingungen überzeugt der alternative Treibstoff: Temperaturen von bis zu –22 °C beeinträchtigen die Einsatzbereitschaft nicht. Reichweite und Leistungsfähigkeit bleiben vergleichbar mit Dieselbetrieb.
Keine Umbauten erforderlich
Der Wechsel zu Pflanzenöl verursacht keinen zusätzlichen Aufwand. Technische Anpassungen an den Fahrzeugen sind nicht notwendig, vorausgesetzt der jeweilige Motorenhersteller erteilt eine Freigabe. Die Nutzung ist flexibel: Das Öl kann entweder pur oder in beliebigem Mischungsverhältnis mit Diesel eingesetzt werden.
Ein weiterer Vorteil: HVO stösst weniger Schadstoffe aus. Das wirkt sich besonders positiv bei längeren Standzeiten der Fahrzeuge aus – sowohl für das Einsatzpersonal als auch für Anwohner.
Teurer, aber mit Potenzial
Aktuell liegt der Preis von HVO rund 40 Rappen über dem von herkömmlichem Diesel. Der höhere Preis resultiert aus der begrenzten Verfügbarkeit und dem aufwendigen Beschaffungsprozess. Experten gehen davon aus, dass mit wachsenden Mengen auch die Kosten sinken könnten.
Die GVZ übernimmt momentan die Mehrkosten für die teilnehmenden Organisationen. Das Pilotprojekt ist bis Ende Jahr befristet. Danach soll anhand der gesammelten Daten über die weitere Nutzung entschieden werden.
Perspektive für die Zukunft
Ziel ist es, nicht nur die CO₂-Bilanz der Rettungsdienste zu verbessern, sondern auch langfristig stabile Versorgungswege für alternative Treibstoffe zu schaffen. Dabei spielen neben ökologischen Aspekten auch logistische Faktoren wie Lieferzeiten und Verfügbarkeit eine zentrale Rolle.