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Pfäffikon
07.10.2020

Gnadene Hochzeit – 70 Jahre verheiratet

Bild: zvg
Annemarie (94-jährig) und Franz Burtscher-Jenny (99-jährig) haben sich in Pfäffikon kennengelernt und verbringen dort ihren Lebensabend. Am heutigen Hochzeitstag dürfen sie auf eine «begnadete» Ehe zurückblicken.
Bild: hp

Die Gnadene Hochzei: Ein seltenes Jubiläum, welches nach 70 Jahren gefeiert werden darf. «Ich kann es manchmal fast nicht glauben, dass wir schon so lange verheiratet sind», erzählt die 94-jährige Annemarie Burtscher.  

Kennengelernt haben sich die beiden in Pfäffikon, und zwar im Unterdorf. Die junge Annemarie lebte mit ihrer Familie beim Hotel Schiff. Der junge Franz hatte bei der Verwo eine Anstellung als Kaufmann. Sein täglicher Gang führte ihn von seinem Schlummermutter-Zimmer bei der Buchdruckerei Bruhin ins Unterdorf runter ins «Schiff» zum Essen. Eines Tages lag da ein «Milchbüechli» am Boden, lautend auf den Namen «Jenny». Er las es auf und machte die Familie Jenny ausfindig. 

Die Jubilarin erinnert sich: «Auf dem Nachhauseweg vom Milch-Holen hielt ich mich öfters beim Rank, dem sogenannten Dreieck, mit Toni vom Ratshaus und Heinz von der Steinfabrik auf. Wir hielten da noch gerne einen Schwatz, bevor mein besorgter Vater nach mir rief», schmunzelt Frau Burtscher. Tja, und da ging wohl in der Eile das «Milchbüechli» zu Boden, wo es der aufmerksame Franz auf dem Weg zu seinem Mittagessen auflas. 

Sonntägliche Spaziergänge

Bevor aus dieser Liebschaft jedoch eine Hochzeit wurde, brauchte es einige Anstrengungen. «Franz machte mir am Anfang ein Kompliment, dass ich einen schönen Jupe anhabe», erinnert sich die Ehefrau. «Ja, sie hat mir von Anfang an gefallen, sie hatte so schöne schwarze Haare», ergänzt der Mann. Der junge Kaufmann hatte schon bald darauf eine Anstellung in Zürich, wo er mehr verdienen konnte. Die beiden trafen sich weiterhin jeden Sonntag am Bahnhof in Pfäffikon. Dieser Tag gehörte ihnen. Meistens unternahmen sie einen Spaziergang zur reformierten Kirche Wollerau und abends durfte Franz bei Familie Jenny im Unterdorf zu Abend essen und manchmal noch mit dem Vater einen Jass klopfen. Die junge Frau bekam von ihrer «Mamä» die Erlaubnis, die angehende Schwiegermutter in Rorschach für ein halbes Jahr zu pflegen. Die jungen Leute verlobten sich 1949 und konnten die Wohnung von Annemaries Schwester in Zürich-Wiedikon übernehmen. 

«Wir wussten nicht viel von der Welt»

Jetzt konnte die Hochzeit geplant werden. Am Samstag, 7. Oktober 1950, war es endlich soweit. Die Hochzeitsgesellschaft traf sich um 13 Uhr am Bahnhof Pfäffikon, von da ging es zur reformierten Kirche Wollerau. «Die Trauung war sehr schön, die Orgel spielte wunderbar», erinnert sich die Ehefrau. Nachher ging es zuerst zum Fotografen nach Wädenswil, bevor sich die Gesellschaft mit einem Car auf einen Ausflug nach Walchwil begab. Das Abendessen war im Restaurant Sternen in Pfäffikon. «Unser Hochzeitstag war ein Wundertag in jeder Beziehung! Am Morgen lag stockdichter Nebel über Pfäffikon», erinnert sich der Jubilar. «Bei der Fahrt mit dem Car nach Walchwil drückte die Sonne durch, beim Zvieri in Goldau war es richtig sonnig und warm. Ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie die älteren Tanten zur Toilette gingen, um sich leichter zu kleiden.»

«Ich war damals erst 23 Jahre alt und sehr naiv», erinnert sich Frau Burtscher. «Wir hatten damals ja nicht viel gewusst von der Welt. Die jungen Eheleute durfte 1952 die erste Tochter in den Arm nehmen. Es folgte 1958 ein Sohn und 1960 nochmals eine Tochter. Die älteste Tochter lebt heute mit ihrem Sohn und Urenkel in Mexiko. Die beiden Rentner sind schon mehrmals nach Südamerika zu Besuch gereist. Leider kann die Tochter für das Hochzeitsjubiläum wegen des Coronavirus nicht in die Schweiz reisen. «Es ist für uns ältere Leute schon eine spezielle Situation mit diesem Virus», meint Frau Burtscher. «So etwas habe ich Zeit meines Lebens noch nie erlebt.» Sie weiss von ihrem Vater, dass dieser 1918 an der spanischen Grippe erkrankte. «Uns wurde erzählt, dass er dank der Einnahme von Rizinusöl überlebte.» 

Zurück zu den Wurzeln

Der rege Kontakt zu Pfäffikon blieb bei Annemarie Burtscher zeitlebens bestehen. «Wir hatten bis vor drei Jahren regelmässig Klassenzusammenkunft im Restaurant Sternen.» Seit drei Jahren lebt das Ehepaar Burtscher wieder in Pfäffikon in einer schönen Alterswohnung. 

Die Gnadene Hochzeit wird am kommenden Sonntag gefeiert. Die beiden jüngeren Kinder leben im Kanton Aargau und Graubünden und kommen zu Besuch. 

Auf die Frage, was sie aneinander nach 70 gemeinsamen Ehejahren am meisten schätzen, antwortet Annemarie Burtscher sofort: «Vertrauen! Ich wollte nie einen anderen Mann. Natürlich gab es Hochs und Tiefs in all den Jahren, vor allem bei der Kindererziehung. Aber ich machte meistens, was mein Mann wollte, dann hatten wir unseren Frieden.» Und der 99-jährige Jubilar ergänzt: «Sie hat immer geschaut, dass es mir gut geht und war um mich besorgt, das habe ich stets geschätzt.» Die Ehefrau war zu Hause und kümmerte sich vorwiegend um die Kinder und den Mann. 

Übrigens, nach christlichem Glauben wird bei der Gnadenen Hochzeit sozusagen die Güte Gottes oder die Gnade Gottes geschenkt. Nicht nur für ein langes Leben, sondern auch um ein langes gemeinsames Eheglück zu erfahren. Das nächste Jubiläum darf mit 75 Jahren gefeiert werden: Das wäre dann die Kronjuwelenhochzeit. 

Heidi Peruzzo, Redaktion March24 & Höfe 24