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Eishockey
23.12.2024

Lakers-CEO Bütler: «Für mich ist das Glas immer halbvoll»

Im Weihnachts-Look, aber noch nicht so richtig in Feststimmung: Markus Bütler will heute gegen den ZSC noch einen Sieg.
Im Weihnachts-Look, aber noch nicht so richtig in Feststimmung: Markus Bütler will heute gegen den ZSC noch einen Sieg. Bild: Thomas Renggli
Die Rapperswil-Jona Lakers haben nach ereignisreichen Wochen rechtzeitig vor Weihnachten wieder in die Spur gefunden. CEO Markus Bütler stellt sich den brennendsten Fragen.

Als Spieler war er die Verlässlichkeit in Person. Er stieg mit dem EHC Olten in die Nationalliga A auf und verdiente sich einen Vertrag beim grossen HC Lugano. 1998 heuerte er beim SC Rapperswil-Jona an – und blieb elf Saisons.

Nach dem Rücktritt zog er in die Privatwirtschaft und arbeitete sechs Jahre für die Crédit Suisse. Heute ist Markus Bütler (52) als CEO für die strategischen und wirtschaftlichen Bereiche bei den Rapperswil-Jona Lakers zuständig. Im grossen Interview erklärt er, weshalb er überzeugt ist, dass seine Mannschaft die Top 10 erreicht, was es braucht, um längerfristig kompetitiv zu bleiben und warum er sich schon bald ein Gespräch mit der neuen Stadtpräsidentin wünscht.

Markus Bütler, am Samstag fand das Weihnachts-Spiel gegen Fribourg-Gottéron statt. Wie festlich fühlen Sie sich?
Es ist in unserem Job praktisch unmöglich, sich sanft und gemütlich auf Weihnachten einzustimmen. Es läuft immer Schlag auf Schlag. Wir spielen vier Partien innerhalb von sechs Tagen, die letzte heute Abend gegen die ZSC Lions. Und plötzlich ist Heiligabend. Aber es ist natürlich schön, dass wir mit drei Siegen nacheinander die Lage positiv verändern konnten. Das macht Weihnachten noch angenehmer.

Darf die Mannschaft über die Festtage in die Ferien?
Die Spieler kriegen ein paar Tage frei – bis am 26. Dezember. Bis dann ist auch die Geschäftsstelle geschlossen. Aber am 2. Januar geht’s bereits in der Meisterschaft weiter – mit dem Heimspiel gegen den EV Zug.

«Wir haben unser Wort gegeben – und dazu stehen wir»
Markus Bütler

Und Trainer Johan Lundskog ist am Spengler-Cup beim Team Canada engagiert. Macht das Sinn?
Das ist schon lange abgemacht; seit einem Zeitpunkt, als Johan noch Assistent war und wir die Entwicklung nicht voraussehen konnten. Das war mit Sportchef Janick Steinmann besprochen. Wir haben unser Wort gegeben – und dazu stehen wir. Aber ich sehe das positiv. Johan kann von der Erfahrung am Spengler-Cup profitieren – und etwas mitnehmen, das auch uns hilft. Und zuhause in Rapperswil-Jona sind wir gut aufgestellt. Die Mannschaft kann während fünf Tagen unabhängig vom Aufenthaltsort von Johan trainieren.

Geht Lundskog auch mit der Absicht nach Davos, sich nach neuen Spielern umzuschauen?
Nein, das ist nicht sein Auftrag. Aber alle in unserer Organisation, die ihr Netzwerk erweitern, können einen positiven Impact bringen.

«Es war meine erste Trainerentlassung in zehn Jahren»
Markus Bütler

Ist bezüglich Transfers noch etwas zu erwarten?
Nicht kurzfristig. Aber wir beobachten den Markt ständig. Man muss immer in der Lage sein, auf kurzfristige Ausfälle zu reagieren. Diese Erfahrung haben wir in dieser Saison leider zu oft gemacht. Emil Djuse fehlt weiterhin – ebenso mit Benjamin Quinn ein weiterer Verteidiger. Und auch Jacob Larsson fällt noch länger aus. Deshalb agiert unser Sportchef nach dem Prinzip der rollenden Planung. Er muss schnell reagieren können, wenn wir von weiteren Ausfällen betroffen sein sollten.

War die Absetzung von Trainer Stefan Hedlund unumgänglich?
Solche Entscheide sind nie schön – und zählen nicht zu jenen Massnahmen, die einen Traumjob ausmachen. Leider gehört es aber dazu. Für mich war es die erste Trainerentlassung in zehn Jahren. Wenn ich diesen Durchschnitt halten kann, darf ich durchaus stolz sein. Aber zurück zur Frage: Wir hatten das Gefühl, dass es keine andere mögliche Massnahme mehr gibt. Zuvor hatten wir schon einiges versucht. Und trotzdem ging die Formkurve immer weiter nach unten. Wir mussten neue Impulse setzen. Und der Trainerwechsel ist eine Variante dafür. Es geht darum, neue Energie freizusetzen, eine frische Stimmung in die Mannschaft zu tragen.

Wie hat das Team reagiert?
Man hat in den letzten drei Spielen gesehen, dass eine neue Energie auf dem Eis entstanden ist – und auch im Publikum. Aber es ist auf keinen Fall so, dass Stefan Hedlund der Hauptschuldige an der Situation war. Es waren die Gesamtumstände.

«Für mich wird die Nationalitäten-Frage überschätzt»
Markus Bütler

Sie wählten beim Trainerwechsel eine interne Lösung. Taten Sie dies, weil es am billigsten war?
Nein. Es geht immer auch um die Überlegungen: Welche Personen sind auf dem Markt? Wer passt zur Mannschaft, die wir schon haben? Wir können nicht einen Trainer holen, der einen komplett anderen Stil vertritt – und es sich gewohnt ist, mit einer anderen Art von Spielern zu arbeiten. Ich denke, es war auch nicht alles falsch, was wir vorher gemacht hatten. Kommt dazu, dass Johan schon grosse Erfahrung als Headcoach besitzt. Und dass die Spieler daran glauben, mit ihm etwas erreichen zu können. Die interne Lösung hat den Vorteil, dass die Spieler den Trainer kennen – und wir von der Klubführung abschätzen können, wie die Equipe auf den neuen Mann reagiert. Holt man einen neuen Trainer, handelt es sich zwar nicht um die sprichwörtliche Katze im Sack, aber eine Ungewissheit bleibt immer.  Ausserdem: Die Trainer, die normalerweise während der Saison verfügbar sind, wurden meistens ebenfalls entlassen. Da stellt sich immer die Frage: Lässt sich aus einer solchen Ausgangslage positive Energie erzeugen?

Die Lakers waren mit neun Schweden in die Saison gestartet. Gab es gar keine andere Wahl, als mit einem schwedischen Trainer weiterzumachen?
Nein. Für mich wird die Nationalitäten-Frage überschätzt. Es geht immer um Persönlichkeiten; und nicht um Länder-Klischees. Nicht alle Schweden sind gleich. Ebenso wenig wie alle Schweizer gleich sind. Johan war lange in Nordamerika tätig. So würde ich ihn nicht als typischen Schweden bezeichnen, sondern als internationale Persönlichkeit mit Erfahrungen aus zahlreichen Eishockey-Kulturen. Auf die Nationalität schauten wir bei der Trainerwahl nicht.

«Als wir auf einer Erfolgswelle surften, fragte niemand nach Roman Cervenka»
Markus Bütler

Fehlt in der Garderobe nach dem Abgang von Roman Cervenka der grosse Leader?
Das denke ich nicht. Die Mannschaft funktioniert sehr gut. Auch während der Krise fielen wir nie auseinander. Es gab auch keine Grüppchenbildung innerhalb der Equipe. Der Kitt und der Kern der Mannschaft sind gut. Selbstverständlich war Roman ein überragender Spieler und eine grosse Persönlichkeit. Wir erlebten aber auch mit ihm schwierige Phasen. Was aber sicher ist: Wenn eine solche Leaderfigur den Klub verlässt, braucht es eine Weile, bis die Verantwortlichkeiten wieder verteilt sind. Man muss aber auch sagen: Als wir anfangs Saison auf einer Erfolgswelle surften, fragte niemand nach Roman Cervenka. Kaum wurde die Lage schlechter, fragten alle nach ihm. Ich glaube aber nicht, dass die Situation komplett anders wäre, wenn er noch hier wäre.

Bräuchte es einen Spieler wie Markus Bütler, einen verlässlichen Zweiweg-Center, der auch kompromisslos nach hinten arbeitet?
(lacht) Nein. Unser grösstes Manko war, dass wir zwischenzeitlich praktisch keine Tore schossen. Das belastete die Mannschaft in allen Bereichen. Wer Tore erzielt, kann jubeln. Der fühlt sich erlöst und bestärkt. Das sahen wir beim Sieg in Ambri-Piotta, wo sich verschiedene Spieler unter die Torschützen reihten – und so ein viel positiveres Gefühl kreierten. Dieses Gefühl nimmst du mit in die Garderobe und in den Car. Natürlich ist die Defensive wichtig. Aber wer vorne nicht produziert, tritt mit einer gewissen Angst aufs Eis, die sich auch aufs Vereidigungsverhalten auswirkt. Und wer Angst hat, dass er keine Tore schiesst, agiert automatisch in der Defensive unsicherer. Bei uns kam erschwerend dazu, dass das Powerplay nicht mehr funktionierte. So bröckelt das Selbstvertrauen fast zwangsläufig.

«Wir pressten die Zitrone aus»
Markus Bütler

Wurdet Ihr auch ein Opfer der eigenen Erfolge. Die Lakers lebten lange – quasi – über den eigenen Verhältnissen?
Wir dürfen durchaus sagen, dass wir unser Leistungspotenzial ausgereizt haben; im positiven Sinne. Wir pressten die Zitrone aus. Und so kamen die Begehrlichkeiten. Man gewöhnt sich an den Erfolg und an einen Leistungsanspruch. Aber wir – von der Klubleitung – wiesen immer darauf hin, dass Platz 10 das realistische Ziel ist. Das wollten aber nicht alle hören. Es ist schön, dass das Publikum von Grösserem träumt. Aber man muss immer auch realistisch bleiben: Klubs wie Langnau, Ambri-Piotta, Rapperswil-Jona oder auch Kloten sind in der Breite nicht so gut besetzt wie die Grossen. Wenn bei uns drei, vier Schlüsselspieler ausfallen, wird es schwierig. Und wenn man dann zwei, drei Niederlagen kassiert, gerät man leicht in eine Negativ-Spirale. Dort wieder rauszukommen, ist schwierig. Der Erfolg war schön, aber irgendwann muss man akzeptieren, dass es nicht immer so weitergehen kann. 

Wie sieht die Situation geschäftlich und finanziell aus?
Es ist klar, dass ein Trainerwechsel immer unvorhergesehene Kosten verursacht; zumal Hedlund einen Vertrag bis Ende Saison 2025/2026 besitzt. Trotzdem sind wir auf Budgetkurs. Wichtig ist, dass wir nun den Anschluss wieder hergestellt haben und die Fans so einen guten Grund haben, ins Stadion zu kommen. Nun kommt eine Phase mit vielen Heimspielen, die auch für die Buchhaltung wichtig sind. Lägen wir abgeschlagen im Tabellenkeller, hätte dies sicher negative Auswirkungen auf die Matcheinnahmen.

«Wir müssten junge Schlüsselspieler längerfristig an uns binden»
Markus Bütler

Apropos Hedlund. Wie haben Sie sich mit ihm geeinigt?
In einer solchen Situation gibt es verschiedene Szenarien. Aber das ist nichts für die Öffentlichkeit.

Was bräuchte es, um den Klub langfristig auf eine noch breitere Basis zu stellen?
Wir müssten junge Schlüsselspieler längerfristig an uns binden. So könnten wir die Mannschaft in der Breite stabilisieren. Damit liessen sich Ausfälle schneller und besser kompensieren. Dafür bräuchten wir ein, zwei Millionen Franken mehr. Und das wiederum wäre nur mit einer verbesserten Infrastruktur möglich. Punkto Trainingsbedingungen – und da spreche ich vom ganzen Klub – sind wir in der National League das Schlusslicht, hinter Ajoie. Was für das Budget noch relevanter ist: Der Restaurant- und Logen-Bereich in der St. Galler Kantonalbank Arena ist beschränkt. Um nachhaltig einen Schritt vorwärts zu machen, müssten wir dort neue Kapazitäten schaffen.

«Wir bräuchten erweiterte Möglichkeiten im Gastronomie-Bereich»
Markus Bütler

Ihr wollt eine neue Halle?
Nicht unbedingt. Die Eishalle ist – für den Sport – hervorragend. Aber wir bräuchten erweiterte Möglichkeiten im Gastronomie-Bereich. Wir könnten beispielsweise die Fondue-Stube ersetzen; und zudem im oberen Bereich der Halle mehr Essensplätze generieren. Es gibt Ideen; und es gibt Pläne. Aber es in einem bestehenden Stadion und unter Berücksichtigung des Sondernutzungsplans nicht einfach. Im jetzigen Moment können wir auf dem bestehenden Parameter etwas machen; aber nichts, was darüber hinausgeht. Aber ich hoffe, dass wir – mit Hilfe der Stadt – in ein bis drei Jahren etwas entwickeln können. Wir müssen das Gespräch mit der Verwaltung nochmals intensiver suchen. Wenn die Rapperswil-Jona Lakers weiterhin ein Aushängeschild für Stadt und Region bleiben sollen, müssen wir unsere wirtschaftliche Ausgangslage verbessern.

Zurück zum Sport. Schaffen die Lakers zumindest die Qualifikation für das Play-In?
Da sage ich überzeugt: Ja! Für mich ist das Glas immer halbvoll. Ich glaube an die Mannschaft. Ich sah, wie sie zu Beginn der Saison auftrat. Ich habe gesehen, wie sie jetzt reagiert hat. Die Meisterschaft ist ausgeglichen. Und es wird eng. Aber ich bin überzeugt, dass wir am Schluss unter den ersten 10 sind.

Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?
Ich bin nicht ein Wunsch-Mensch. Aber was das wichtigste bleibt, ist die Gesundheit: für meine ganze Familie, aber auch für die Mannschaft der Lakers und die Organisation. Und ich wünsche mir, dass wir unser Publikum begeistern können und in den Gesprächen mit der Stadt einen Schritt weiter kommen.

Thomas Renggli / March24 & Höfe24