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Kulinarisches
03.11.2024
29.10.2024 11:14 Uhr

Teigwaren in der Schweiz mit viel Import und wenig Heimatweizen

Am 25. Oktober ist «World Pasta Day».
Am 25. Oktober ist «World Pasta Day». Bild: LID
Am 25. Oktober wird jeweils weltweit der «World Pasta Day» gefeiert. Hinter den Schweizer Teigwaren, die tagtäglich auf den hiesigen Tellern landen, steckt eine komplexe Produktionskette, die stark von Importen geprägt ist – die lokale Produktion aus Schweizer Rohstoffen bleibt ein Nischenmarkt.

Die Schweiz hat eine lange Tradition in der Teigwarenproduktion, die hiesige Teigwarenindustrie kann den Bedarf aber bei Weitem nicht decken: Während im Inland rund 40’000 Tonnen Pasta produziert werden, importiert die Schweiz zusätzlich rund 72’000 Tonnen gekochte und ungekochte sowie gefüllte und ungefüllte Teigwaren jährlich, wie aus den Daten des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit BAZG hervorgeht.

Ein wesentlicher Bestandteil für die Herstellung von Pasta ist Hartweizen, der jedoch grösstenteils importiert werden muss. Die inländische Landwirtschaft sieht sich Herausforderungen gegenüber, die den Anbau von Hartweizen und anderen Getreidesorten für die Teigwarenproduktion erschweren. Dennoch gibt es Nischenprodukte und innovative Ansätze, die den Markt diversifizieren.

Herausforderungen beim Hartweizenanbau in der Schweiz

Der Anbau von Hartweizen ist in der Schweiz eine Seltenheit und nur wenige Bäuerinnen und Bauern in der Schweiz bauen diese Kulturpflanze an. Das liege unter anderem an der geringen Rentabilität und den anspruchsvollen Bedingungen, erklärt Pierre-Yves Perrin, Geschäftsführer des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands SGPV: «Die Sorten sind nicht für unsere Bedingungen gezüchtet – sie sind empfindlich gegenüber Mykotoxin (Anmerkung der Redaktion: giftige, von Pilzen gebildete Stoffwechselprodukte), Blatt- und Ährenkrankheiten und so ist Extenso-Produktion schwierig», erläutert er. Mit anderen Worten, die klimatischen und bodenbedingten Voraussetzungen in der Schweiz machen den Anbau von Hartweizen herausfordernd, und die Sorten sind weniger resistent gegen Krankheiten, was die Erträge mindert und den Anbau risikoreicher macht.

Zusätzlich sind die Anforderungen an die Qualität des Hartweizens, wie hohe Proteingehalte und gute innere Verarbeitungseigenschaften, schwer zu erfüllen. «Zusätzlich sind die Preise zu tief, um eine korrekte Rentabilität zu erreichen», fügt Pierre-Yves Perrin an. Der fehlende Grenzschutz führe weiter dazu, dass der Preisunterschied zwischen inländischem und importiertem Hartweizen erheblich ist.

Obwohl UrDinkel bislang überwiegend in Brot und Backwaren zum Einsatz kommt, gewinnt er zunehmend auch im Bereich der Teigwaren an Bedeutung. Bild: LID

Schweizer Teigwaren aus hiesigen Rohstoffen: Nischenprodukte mit begrenztem Potential

Die Schweizer Teigwarenproduktion beläuft sich auf etwa 40’000 Tonnen pro Jahr. «Wenn mehr Menschen in der Schweiz sind, dann werden auch mehr Teigwaren gegessen – also ist der Trend steigend», kommentiert Beat Grüter, Geschäftsführer der Vereinigung der Schweizerischen Teigwarenindustrie SwissPasta. Pasta, Reis und Kartoffeln zählen zu den Hauptbeilagen, die in der Schweiz konsumiert werden und entsprechend wächst die Nachfrage nach Pasta proportional zur Bevölkerungsentwicklung.

Trotz des wachsenden Interesses an Produkten aus lokalem Anbau, bleibt der Einsatz von Schweizer Rohstoffen in der Teigwarenproduktion begrenzt. Während Hartweizen in der Schweiz nur selten angebaut wird, gibt es für alternative Getreidesorten wie Dinkel zwar ein gewisses Potential. Beat Grüter hebt aber hervor, dass Teigwaren aus Schweizer Dinkel durchaus ein interessantes Nischenprodukt darstellten, jedoch nur etwa ein Prozent der gesamten in der Schweiz produzierten Teigwaren ausmachten.

Ein Wechselspiel zwischen Markt und Anbau

Für Schweizer Hartweizen sieht der Geschäftsführer von SwissPasta hingegen kaum eine Zukunft: «Schweizer Hartweizengriess wird kein Boom werden, denn dieser ist rund dreimal so teuer wie Importgriess», erläutert er. Die Produktion sei so gering, dass die Menge industriell in nur einer Woche verarbeitet werden. Ausserdem seien die Konsumentinnen und Konsumenten gar nicht bereit, den entsprechenden Preis für Schweizer Teigwaren aus Schweizer Rohstoffen zu zahlen. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass der allgemeine Konsument einfach nicht das Doppelte für einen Beutel Teigwaren bezahlt, nur weil es mehr Schweiz drin hat», erklärt Beat Grüter.

Teigwaren aus 100 Prozent Schweizer Rohstoffen dürften also selten bleiben. Zwar gibt es vereinzelte Bestrebungen, mehr lokale Rohstoffe zu verwenden, doch der Markt ist dafür zu klein.

Lokale Produktion als Nischenmarkt

Gerade kleinere Hersteller können sich mit Regionalität aber differenzieren und in einer Nische durchaus im hart umkämpften Markt behaupten. «Für lokale Hersteller kann die Verarbeitung von Schweizer Hartweizengriess durchaus ein Pluspunkt sein», so Beat Grüter. Pierre-Yves Perrin vom Schweizerischen Getreideproduzentenverband sieht in diesem Bereich ebenfalls nur begrenztes Potential: «Ich sehe für die Schweizer Getreideproduzentinnen und Getreideproduzenten kein grosses Potential für den Teigwarenkanal, weil die Preise für eine Grossproduktion zu bedeutend sind – als Nische gibt es sicher einen Platz.»

So zeigt die Teigwarenproduktion in der Schweiz ein klares Bild: Es gibt Potential für Nischenprodukte wie Dinkelpasta, jedoch bleibt der Grossteil der Produktion auf importierten Hartweizen angewiesen. Die klimatischen und wirtschaftlichen Herausforderungen im Anbau machen es schwierig, den Anteil an Schweizer Rohstoffen zu steigern. Somit bleibt der Schweizer Getreideanbau für die Teigwarenherstellung und die Teigwarenproduktion aus Schweizer Rohstoffen vorrangig eine Frage der Nischenstrategie, bei der Qualität und Regionalität im Vordergrund stehen, nicht aber die grosse Masse.

Extensive Getreideproduktion

Die sogenannte Extenso-Produktion von Getreide geht noch einen Schritt weiter als der ökologische Leistungsnachweis. Rund 50 Prozent der Getreidefläche in der Schweiz werden nach diesem Standard bewirtschaftet. Die Getreideproduzentinnen und Getreideproduzenten verzichten bei der extensiven Produktion auf den Einsatz von Fungiziden, Insektiziden und Wachstumsregulatoren. Einzig Herbizide sind in beschränktem Umfang erlaubt: Ein bis zwei Mal pro Jahr dürfen die Felder mit Pflanzenschutzmitteln gegen Unkraut behandelt werden.

Für die Landwirtinnen und Landwirte birgt die extensive Produktion natürlich auch Risiken: Sie nehmen Ertragsminderungen oder im schlimmsten Fall gar einen Ernteausfall in Kauf. Dafür leistet der Bund Beiträge, um dieses Risiko zu mindern.

LID/gg