Ein Gastbeitrag von Uwe Scheibler, Naturschutzverein Wetzikon-Seegräben
Kompromisslose Bekämpfung oder eine gelassenere Haltung? Bei dieser Frage geht es eigentlich nicht darum, wer recht hat, sondern viel eher darum, welche Position hier für den Naturschutz passender und zweckmässiger ist. Dieser Artikel ist auch aus einer persönlichen Sicht und nach gut 50 Jahren Erfahrung im praktischen und theoretischen Naturschutz verfasst.
Vielleicht ist es in dieser Sache hilfreich, sich zuerst einmal über einige Begriffe und Fakten klarzuwerden und diese übersichtlich auf den Tisch zu legen. Dazu gehören sicher «unsere Flora», «Neophyt», «invasiv», «einheimisch», «schädlich» und natürlich «Naturschutz».
Unsere Flora
In unserer Umwelt ist die Veränderung die einzige zeitliche Konstante. Die evolutive Entwicklung einer neuen Pflanzenart dauert mindestens 50’000 Jahre und im Durchschnitt existiert diese dann zwischen 1 und 10 Millionen Jahre. In dieser langen Zeit verändern sich viele Standorte und entsprechend ändern sich auch die Verbreitung und das Vorkommen dieser Art.
Ein kurzer Rückblick: Während der Eiszeiten hatte sich auch die Flora im Gebiet der Alpen und des Jura mehrfach drastisch verändert. Als die Eismassen vor 15’000 Jahren massiv abschmolzen, gab es nur eine artenarme, tundra-artige Vegetation, die sich dann dank des wärmer werdenden Klimas über die ständige Einwanderung bis heute auf knapp 3’000 Arten von Gefässpflanzen, also Farne und Samenpflanzen (ohne Moose, Algen, Flechten) erweitert hat.
In den auf denselben Breitengraden liegenden anderen Weltregionen, z. B. Nordamerika oder Ostsibirien, liegen die Zahlen mit rund 10’000 Arten deutlich höher. Unsere Flora ist also vergleichsweise artenarm und es bestehen zahlreiche, noch unbesetzte ökologische Nischen.
Natürlicherweise, also ohne menschliche Eingriffe, bestünde die Vegetation bei uns zu 90 Prozent aus Wald. Das bedeutet, dass die Arten des Offenlandes erst durch menschliche Eingriffe, meist Rodungen und anschliessender Nutzung als Wies- und Ackerland, einen zusagenden Lebensraum erhielten.