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Schweiz
20.12.2023

40-jährige Töfffahrer laut Bundesgericht nicht per se vorsichtiger

Das Bundesgericht kritisiert ein Urteil des Urner Obergerichts. (Archivaufnahme)
Das Bundesgericht kritisiert ein Urteil des Urner Obergerichts. (Archivaufnahme) Bild: KEYSTONE/LAURENT GILLIERON
Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Autofahrers gutgeheissen, der nach einer Kollision mit einem 40-jährigen Motorradfahrer auf der Gotthardstrasse in Gurtnellen UR wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt wurde. Es bezeichnete die Argumentation des Urner Obergerichts als willkürlich und wies das Urteil an die Vorinstanz zurück.

Der Unfall hatte sich am 31. Mai 2020 ereignet. Ein Motorradfahrer setzte zum Überholen an, als der Autofahrer links auf einen Abstellplatz abbiegen wollte. Dabei übersah dieser das Motorrad, und es kam zu einer Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen. Der 40-jährige Töfffahrer und seine Sozia stürzten und wurden leicht verletzt.

Das Urner Obergericht sprach den Autofahrer der fahrlässigen Körperverletzung schuldig. Dieser legte Berufung ein und forderte einen Freispruch vom Vorwurf.

Im am Mittwoch veröffentlichten Urteil hebt das Bundesgericht nun den Entscheid der Urner Justiz auf und weist den Fall zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurück.

Unterschiedliche Versionen

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Versionen der Unfallbeteiligten betraf die Verwendung des Blinkers. Während der Beschwerdeführer behauptete, er habe den Blinker früh genug gesetzt, sagten der Motorradfaher und seine Beifahrerin aus, sie hätten keinen Blinker wahrgenommen. Die Urner Justiz hielt die Aussagen des Töfffahrers für glaubwürdiger, weil erfahrene Motorradfahrer angeblich bekanntermassen vorsichtiger seien.

Das Bundesgericht bezeichnete diese Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung zur Blinker-Frage aber als "willkürlich".

Die Erwägungen der Vorinstanz, es sei gerichtsnotorisch, also bekannt, dass sich Motorradfahrer mit 40 Jahren der Verantwortung einer Beifahrerin sowie den Folgen einer allfälligen unbedachten Handlung im Strassenverkehrs stärker bewusst seien als jüngere sowie die daraus gezogenen Schüsse sind laut Bundesgericht "nicht haltbar".

Und: Laut Bundesgericht stellte die Vorinstanz "reine Mutmassungen" an, wie sich der Unfall hätte ereignen können. Aus den Akten ergebe sich einzig zweifelsfrei, dass es zwischen den beiden Fahrzeugen zu einer Berührung gekommen sei. Nicht aber, wie genau, wo und in welchem Winkel. Es gebe keine objektiven Beweismittel, die eine der beiden Versionen definitiv ausschliessen würde. Zudem liege trotz der Ungewissheit über den Unfallhergang kein technisches Gutachten vor. (Urteil 6B_74/2023 vom 29. November 2023)

Keystone-SDA