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Feusisberg
04.10.2023
03.10.2023 16:27 Uhr

Bäckerei gsund muss wegen Fachkräftemangels aufgeben

Die Bäckerei gsund AG in Schindellegi betreibt ein Ladenlokal und einen Online-Shop.
Die Bäckerei gsund AG in Schindellegi betreibt ein Ladenlokal und einen Online-Shop. Bild: zvg
Vor 15 Jahren gründete Ramona Marggi die Bäckerei gsund AG in Schindellegi. Das auf zuckerfreie und kohlenhydratreduzierte Backwaren spezialisierte Unternehmen wuchs stetig und ist heute führend in dem Bereich. Der anhaltende Fachkräftemangel zwingt die Inhaberin nun zu einem Entscheid.

Ramona Marggi, die gelernte Bäckerin-Konditorin und Gründerin der Bäckerei gsund in Schindellegi, hatte eine Vision: Menschen, die abnehmen oder sich gesund ernähren möchten, sollen auch Brot und Süsses essen dürfen. Und so machte sich die damals 25-Jährige im Jahr 2008 selbständig und startete mit der Entwicklung des ersten kohlenhydratarmen Brotes auf der Basis von Haferkleie. Produziert hat sie zu Hause in ihrer Wohnung in Trachslau, ausgeliefert hat sie persönlich, meist mit dem Velo. Heute beschäftigt Ramona Marggizehn Mitarbeitende.

Umzug in eigenen Laden

Im gleichen Jahr folgte der Umzug in die erste, eigene Geschäftslokalität in Schindellegi. Bald schon wurde ein damals bekannter Diät-Arzt auf das Low-Carb-Brot von Ramona Marggi aufmerksam, der es bei seinen Patientinnen und Patienten empfahl. Die Absatzzahlen stiegen. So platzten bereits nach zwei Jahren die Räume aus allen Nähten. Es folgte ein Um- und Ausbau mit Schaubäckerei und Ladenlokal. Seit 2012 ist die Bäckerei gsund auch ein UrDinkel-zertifizierter Betrieb und stellt als solcher auch Backwaren mit diesem Ur-Getreide her.

Low-Carb- und Online-Pionierin

Dann entschied sich Ramona Marggi für die Ausweitung des Absatzgebietes und lancierte im Jahr 2009 einen Online-Shop mit einer ausgeklügelten Schnittstelle, die gemäss dem Tagesbestellvolumen die benötigten Mengen an Rohstoffen berechnet und entsprechende Rohstofflisten schreibt, damit punktgenau produziert werden kann. Die Bäckerei "gsund" gehörte mit ihrem Shop zu einer der ersten Bäckereien, die ihre Artikel online anbot. Heute generiert das Unternehmen über 80 Prozent seines Umsatzes über den Online-Shop. Geliefert wird per Post und gebietsweise auch per Kurier.

Innovative Produktentwicklungen

Nicht nur die Vertriebskanäle sind durchdacht. Auch die Anzahl an Produkten, die Ramona Marggi und ihr Team über die Jahre entwickelt haben, sind beeindruckend. Von zuckerfreien Müesli und Guetzli, über Low-Carb-Teigwaren bis hin zu zuckerfreier Schokolade – ihre zuckerfreie weisse Schokolade ist einzigartig in der Schweiz – stehen online je nach Saison ca. 100 Produkte im Angebot.

Fachkräftemangel zwingt zu Veränderung

Trotz florierendem Geschäft und guter Auftragslage sieht sich Ramona Marggi gezwungen, aufzuhören. Der Grund: konstanter Fachkräftemangel in der Produktion. «Seit Monaten finden wir trotz fairen Löhnen und guten Anstellungsbedingungen keine Bäcker/Konditoren, um das Team aufzustocken. Wir können die Bestellmengen mit den aktuellen Ressourcen kaum mehr bewältigen», sagt Ramona Marggi.

Lange habe sie mit dem Entscheid gerungen, doch nach einer monatelangen intensiven Personalsuche, gehe es einfach nicht mehr. «Ich habe entschieden, das Geschäft zu verkaufen.» Sie sei im Gespräch mit verschiedenen potenziellen Nachfolgern, doch spruchreif sei noch nichts. «In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob wir einen passenden Käufer finden werden. Denkbar ist sowohl ein Verkauf des Gesamtpakets inkl. Ladenlokal – oder des Online-Shops mit allen Rezepturen.» Finde sich keine Lösung, werde sie das Geschäft spätestens Ende März 2024 schliessen. «Bis dahin sind wir noch wie gewohnt für unsere Kundinnen und Kunden da.» Sämtliche Mitarbeitenden würden bis zum Schluss weiterbeschäftigt und die Kündigungsfristen eingehalten, so Ramona Marggi.

«Der Bäckerberuf ist ein grossartiger Beruf. Schade, dass er aus der Mode gekommen ist.»
Ramona Marggi, Geschäftsführerin der Bäckerei "gsund" AG

Früh aufstehen aus der Mode

Ramona Marggi sagt abschliessend: «Es tut weh, das Geschäft, das ich mit Herzblut aufgebaut habe und dessen Erfolg ich vor allem meinen Mitarbeitenden zu verdanken habe, aufgeben zu müssen. Dass der Fachkräftemangel in vielen Branchen ein grossesProblem ist, macht es nicht besser.»

Auf ihre persönliche berufliche Zukunft angesprochen, sagt Ramona Marggi: «Es geht jetzt darum, alles zu einem Abschluss zu bringen. Was nachher kommt, weiss ich heute noch nicht. Da geht sicher irgendwo ein Türchen auf.»

PD/Zürioberland24