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Kulinarisches
12.08.2023

Vier Gastrotipps: Hier kann man schön draussen sitzen

Elegante Damen, eilige Bänker und eine international Touristenschar zogen begleitet vom quietschenden Züri-Tram, einen Film gleich, vor meinen Augen vorbei.
Elegante Damen, eilige Bänker und eine international Touristenschar zogen begleitet vom quietschenden Züri-Tram, einen Film gleich, vor meinen Augen vorbei. Bild: Bruno Schlatter
Sprüngli oder Honold – Gotthard oder Bauschänzli: Auf den gastronomischen Spuren meiner Eltern.

Bruno Schlatter

Ich erinnere mich: Als ich etwa 10 Jahre alt war, fuhr meine Mutter einige Jahre mit ihren Freundinnen einmal im Monat in die Stadt zum «Käffelä». Das war so zwischen 1960 und 1970 und für die damalige Zeit recht nobel. Sprüngli oder Honold war ihre Wahl. Für uns war das auch ein Festtag, brachte sie doch jedes Mal einen süssen «Rehrücken» oder die damals berühmte Mocca-Torte vom Honold mit. Vom Sprüngli erfreute sie uns mit herzigen kleinen «Guetzli». Mutter aber nannte sie «Konfekt». Als ich älter wurde, zog es uns Kinder oft in die Stadt. Damals war das «Fangis»- oder «Versteckis»-Spielen im Jelmoli mit seinen Rolltreppen ein beliebter Zeitvertreib. Ich meldete mich oft eine Viertelstunde ab und rannte zu den Kaffi-Frauen im Honold, und ich durfte ein Guetzli aus der leckeren Vitrine aussuchen.

Mein Vater ging öfters mit Freunden ins Hotel St. Gotthard an der Bahnhofstrasse zum Apéro. Und im Sommer gönnte er sich in seinen jungen Jahren einen Kaffee an den kleinen Tischen mit Blick auf die lebendige Bahnhofstrasse. Ja, und auch das damals legendäre Bauschänzli besuchten meine Eltern, um einen geselligen Sommerabend mit Freunden zu verbringen. Manchmal mit Livemusik und Tanz.

St. Gotthard: Gipfeli und Spatzen

So machte ich mich an einem Sommermorgen auf die Spurensuche der Lokale meiner Eltern. Kurz nach 10 Uhr setzte ich mich an den kleinen Tisch des Gotthards unter einen Sonnenschirm und liess mir einen Kaffee und ein Gipfeli servieren. Elegante Damen, eilige Bänker und eine international Touristenschar zogen begleitet vom quietschenden Züri-Tram, einem Film gleich, vor meinen Augen vorbei. Ein junges Paar mit grossen Rucksäcken studierte die kleine Karte am freien Tisch vor mir. «Muy caro, el café» ihr leiser Kommentar, was so viel heisst wie «Sehr teuer, der Kaffee». Sie zogen weiter.

Fr. 5.50 ist halt normal für die Bahnhofstrasse, und er war ausgezeichnet. Ebenso das Gipfeli, das ich aber gegen freche Spatzen verteidigen musste, die immer wieder auf den Tisch hüpften. Eine Stunde lebendige Bahnhofstrasse ist sicher ein empfehlenswerter Einstieg in den Tag.

Den Lunch genoss ich mit meiner Frau Maria im Sprüngli auf der Terrasse beim Paradeplatz. Bild: Bruno Schlatter

 

Sprüngli an der Bahnhofstrasse

Den Lunch genoss ich mit meiner Frau Maria im Sprüngli auf der Terrasse beim Paradeplatz. Da war ich, ausser im Laden für «Luxemburgerli» und Pralinés, seit Jahrzehnten nicht mehr gewesen. Sich einfach an einen freien Tisch zu setzen gehört da nicht zum guten Ton. Auf einem grossen Schild steht «Wait to be seated». Wir bekamen einen schönen Tisch vom Kellner zugewiesen und wählten aus der Karte ein leichtes Mittagessen: ich das Clubsandwich (33 Franken), Maria die Steinbutt-Filets mit einem raffinierten Kartoffelpüree verfeinert mit schwarzen Oliven, Tomatenconfit und etwas Blattspinat (39 Franken). Sie war hell begeistert von ihrem Essen und mich überraschte die Präsentation meines Clubsandwichs.

Und ja, der Blick auf die lebendige Bahnhofstrasse liess keine Langeweile aufkommen. Besser als jede Modeschau. Am Nebentisch servierten sie den grossen Coupe Dänemark (17 Franken), den sich ein Touristenpaar teilte. Kein Problem im Sprüngli, drei sehr grosse Kugeln, mit Rahm und karamellisierten Mandel garniert. Sie verlangten noch etwas mehr Crand-Cru-Schokocreme, die bekamen sie blitzschnell und anstandslos serviert. Sprüngli hat seinen Preis, aber die Leistung ist da. Wir genossen es.

Wieder vor der Vitrine im Honold

An den Tearoom, so nannte man früher auch die Cafés, erinnerte ich mich nicht mehr so genau. Aber an die Vitrine mit all den farbigen, kunstvollen Süssigkeiten schon. Ich entschied mich für ein Zitronentörtli und eine Erdbeerschnitte. Maria wählte ein wahrlich kleines Kunstwerk mit dem klangvollen Namen «Hémi­sphère aux Framboises» (Fr. 7.80). Ein stolzer Preis, aber Maria schwärmte: «Es ist einfach köstlich.» Honold halt! Wir genossen unseren Nachmittagskaffee im eleganten, lichtdurchfluteten Parterre mit seiner noblen bordeauxfarben dominierten Inneneinrichtung. Die Tische im Freien mit Blick auf die St.-Peter-Kirche waren leider alle besetzt.

Im Voraus zahlen im Bauschänzli

Auf dem Bauschänzli war ich seit Jahrzehnten nicht mehr, das heisst einige Male im Circus Conelli zur Weihnachtszeit, aber nie mehr in der Gartenwirtschaft. Das Bauschänzli wird auf den gängigen Portalen oft kritisiert, nicht alle Gäste sind begeistert.

Wir riskierten es und wollten einen schönen Sommerabend im Bauschänzli geniessen. Ein historischer Ort, der vor dem Bau der Quaibrücke von 1835 bis 1883 auch als Anlegestelle für die Dampfschifffahrt auf dem Zürichsee diente. 1907 bewilligte die Stadt einen Biergarten und das Bauschänzli zählte mit seine 700 Sitzplätzen damals zu den grössten Gartenbeizen Europas.

Es war ein Donnerstag am frühen Abend, am Selbstbedienungskiosk stand eine moderate Schlange, und der bediente Teil war schon recht gut besucht. Dort ist alles voll digitalisiert, keine Kellner nehmen die Bestellung auf, der Gast macht alles mit dem Handy, über die App und den QR-Code. Bezahlt wird im Voraus, noch bevor das Bestellte auf dem Tisch ist. Bargeld nicht möglich, nur Karten und Twint.

Die Karte überschaubar, preislich moderat für die Toplage. Gute Stimmung im sehr gemischten Publikum. Maria bestellte einen Flammkuchen (18 Franken) und ich kreuzte Bratwurst mit Rösti (18 Franken) an. Die Getränke wurden schnell serviert. Das Essen nach rund 15 Minuten von einer jungen Frau, sehr freundlich, an den Tisch gebracht. War gut, da gab es nichts zu beanstanden.

Die Stimmung stieg, zartgelbe Cüpli, das unverkennbare Orange des Aperol, leuchteten in der untergehenden Abendsonne. Das digitale Zahlungssystem war gewöhnungsbedürftig, aber es ist ein wahrlich schönes Plätzchen in Zürich, das Bauschänzli.

  • Es ist ein wahrlich schönes Plätzchen in Zürich, das Bauschänzli. Bild: Bruno Schlatter
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  • Ein kleines Kunstwerk mit dem klangvollen Namen «Hémisphère aux Framboises». Bild: Bruno Schlatter
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Bruno Schlatter