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Feusisberg
28.07.2020
06.05.2022 15:34 Uhr

«Wir hatten ganz viel Glück»

Reisen ist zum Lebenskonzept von Gabi und Peter aus Schindellegi geworden.
Reisen ist zum Lebenskonzept von Gabi und Peter aus Schindellegi geworden. Bild: zvg
Reisen ist zum Lebenskonzept von Gabi und Peter aus Schindellegi geworden. Als Overlander sind sie das halbe Jahr im Lastwagen-Wohnmobil Globi unterwegs. Die zweite Südamerika-Etappe mit einem Abstecher auf die Antarktis endete unerwartet auf einer Farm.

Die Pläne des reiseerfahrenen Paars aus den Höfen für die zweite Etappe in Südamerika waren klar: Globi in Uruguay abholen, der argentinischen Küste entlang bis zur Südspitze des Kontinents fahren und danach den Anden entlang zurück in den Norden Argentiniens. Grundsätzlich klappte der grösste Teil des Vorhabens. Weil jedoch Mitte März coronabedingt die Grenzen zwischen Ländern und in Argentinien sogar zwischen den Provinzen geschlossen wurden, folgte ein Monat Zwangspause.

Nicht mehr erwünscht

«Wir hatten in der sich schnell ändernden Situation aber unglaublich viel Glück», sagt Gabi. Zuerst ergaben sich wegen der steigenden Corona-Erkrankungen Schwierigkeiten, das Visum zu verlängern. Bei einer gewöhnlichen Verkehrskontrolle sagte kurz darauf ein Polizist, dass die Reise an der Provinzgrenze enden werde. Als Schweizer die Erfahrung zu machen, in einem Land nicht mehr willkommen zu sein, war vorher undenkbar gewesen.

Nun wurden die Reisenden praktisch zu Flüchtenden. Auf einer Fahrt ohne Pausen gelang es Peter und Gabi, eine Farm von Bekannten in der Provinz Buenos Aires zu erreichen. Dass sie dort bedingungslos in die beiden Grossfamilien aufgenommen und in den Alltag integriert wurden, war ein Glücksfall. Aber auch ein innerlicher Wendepunkt und Anlass, über Grundsätzliches nachzudenken.

Die gestrandeten Schweizer wurden vorbehaltlos in die Farmerfamilie aufgenommen. (Bilder: zvg) Bild: zvg

Mit offenen Armen empfangen

Der erste Kontakt zwischen den Schweizern und den argentinischen Farmern kam Monate vorher auf einem Campingplatz zustande. Die einheimischen Männer waren mit einem selbst umgebauten Sattelschlepper dort und interessierten sich natürlich für das luxuriöse Fahrzeug. Man verstand sich schnell und Peter versprach, der Farm auf dem Rückweg einen Besuch abzustatten. Obwohl sich die Umstände total geändert hatten, wurden die Schweizer mit offenen Armen empfangen und sofort als Teil der Familie mit drei Generationen integriert. «Ich durfte Traktor fahren», schwärmt Peter. Will heissen: 60 Hektar Sonnenblumen ernten, danach den Boden pflügen und Soja ansäen.

Gabi, die schon früher geritten ist, bekam die Möglichkeit, aufs Pferd zu steigen und mit den Jungen über die Farm zu reiten. Gerne übernahm sie aber auch ab und zu den Part, für alle zu kochen. «Auf einem Gasherd mit wenig Saft. Aber die Älplermagronen kamen gut an», fasst sie zusammen. Jeden Sonntag war Assado (grillieren) angesagt. Der Grossvater dirigierte und die Männer trumpften mit legendären Fleischspezialitäten auf.

«Das Campo hat mit 6'000 Hektar auch für Argentinien eine beachtliche Grösse», gibt Peter zu bedenken. Auf dem Land wird mit etwa 20 Traktoren und grossen Maschinen vorwiegend für den Export Ackerbau betrieben. Der Nachbar hat riesige Weiden für Viehzucht und die Vermietung von Mähdreschern als Haupterwerb.

Das Fazit: «Wie viele Schweizer hatten wir die Vorstellung, alles Wichtige kaufen zu können. Doch die Selbstbestimmung und die vorher gelebte Freiheit waren auf einen Schlag weg. Wir mussten lernen, anzunehmen. Das war eine gewaltige Umstellung», fassen Gabi und Peter ihre Zeit auf der Farm zusammen. Geendet hat die Zäsur damit, dass die Schweizer eine Bewilligung erhielten, Globi auf der Farm eingestellt zu lassen und mit dem damals letzten Flug aus Südamerika in die Schweiz zurückkehren konnten. Ein Detail: Mit der offiziellen Bescheinigung, konsularische Angestellte zu sein, haben die beiden Farmer ihre Gäste die 500 Kilometer zum Flughafen gefahren.

  • Während der Zeit auf der Farm war Gabi (r.) auch mal mit den Jungs zu Pferd unterwegs. Bild: zvg
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  • Ein Traum erfüllte sich für Peter, als er auf einer argentinischen Farm mit diesem Traktor ein Sonnenblumen-Feld bestellen durfte. Bild: zvg
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Wie weiter?

Auch die Zeit in der Schweiz schätzen Gabi und Peter sehr. Allerdings derzeit mit vielen Fragezeichen. Noch ist offen, was Ende Jahr wieder möglich ist und welche Grenzen dann wieder offen sind. Die geplanten zwei Halbjahre mit Globi im nördlichen Brasilien wohl kaum. Eine Alternative wären Bolivien, Paraguay und Peru. Klar ist: «Reisen – ohne müssten wir uns ein neues Lebenskonzept zulegen».

Mehr Infos zu den Reisen von Gabi und Peter unter www.pegasus-unterwegs.ch.

Vollständiger Bericht über die Reise der beiden in den Printzeitungen «March-Anzeiger» und «Höfner Volksblatt» zu lesen.

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Fitz Roy, ein 3'406 Meter hoher Granitberg in den argentinisch-chilenischen Anden, ist eine der Hauptattraktionen im argentinischen Nationalpark Los Glaciares und gehört auch zum chilenischen Nationalpark Bernardo O’Higgins. Bild: zvg
Frieda Suter