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06.02.2023

«Wir sollten Sorge tragen zur Schweiz»

Sibylle Marti ist Präsidentin der Tilsiter Switzerland GmbH. Sie lebt seit 2011 in Gossau ZH.
Sibylle Marti ist Präsidentin der Tilsiter Switzerland GmbH. Sie lebt seit 2011 in Gossau ZH. Bild: zvg
Wangnerin Sibylle Marti ist Präsidentin der Tilsiter Switzerland GmbH und führt eine eigene Marketing- und PR-Agentur. Im Gespräch erzählt sie von ihrer Tätigkeit für die Traditions-Käsemarke und wie es ist, als Frau in einer Männerdomäne zu bestehen.

Gossauer Post: Du hast keinen alltäglichen Job. Seit 2020 bist du Präsidentin von Tilsiter. Wie kam es dazu?

Sibylle Marti: Tradition und Werte der Schweiz sowie unsere einheimischen Unternehmen liegen mir sehr am Herzen und ich hatte Lust, etwas Neues zu probieren. Als bei Tilsiter das Präsidium frei wurde, passte meine Person gut zu den Plänen, intensiver auf Marketing und Kommunikation zu fokussieren. Dann wurde ich einstimmig gewählt, ohne dass wir gegenseitig genau wussten, worauf wir uns da tatsächlich einliessen (lacht).

In der Tilsiter-Kommission bist du die einzige Frau. Auch in der gesamten Schweizer Käsebranche sind Frauen in der Unterzahl. Wie ist es für dich, in dieser «Männerdomäne» zu bestehen?

Solche Männergremien sind mir in meinem Berufsleben immer wieder begegnet und somit nicht fremd. Das hat keinen Einfluss auf meine Arbeit, die ich immer bestmöglich erfüllen will. Auch wenn man als Frau in gewissen Positionen manchmal speziell gut performen muss, um gleich zu überzeugen wie ein Mann. Letztendlich halten sich Vor- und Nachteile die Waage.

«Für nachhaltigen Erfolg und Zufriedenheit ist es wichtig, dass jeder Job optimal besetzt wird, unabhängig vom Geschlecht.»
Sibylle Marti, Präsidentin Tilsiter Switzerland GmbH

Was hältst du persönlich von der Quotenregelung?

Viel, wenn die Frau gleich gut oder besser ist als der Mann. Wenig, wenn es einzig darum geht, den Frauenanteil zu erhöhen statt Qualifikation und Persönlichkeit an erster Stelle zu setzen. Für nachhaltigen Erfolg und Zufriedenheit ist es wichtig, dass jeder Job optimal besetzt wird, unabhängig vom Geschlecht.

Tilsiter feiert dieses Jahr sein 130-Jahr-Jubiläum. Dazu wurde eine neue Werbekampagne lanciert. Eines der Ziele im Jubiläumsjahr ist, den Dialog mit den Kunden zu forcieren. Was heisst das genau?

Wir wollen die Tilsiter-Konsumenten vermehrt miteinbeziehen in unsere Marketing-Aktionen. Sie kreieren für unsere aktuelle Kampagne eigene Tilsiter-Weisheiten und nehmen so aktiv teil an unserer Käsewelt. Zudem werden wir öfter Kundenumfragen durchführen und die Feedbacks für unsere Aktivitäten und unsere Strategie berücksichtigen.

«Beim Importkäse wurde im Jahr 2022 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ein Plus von 15 Prozent verzeichnet, das ist übel.»
Sibylle Marti

Wie stehtʼs um den Schweizer Käsemarkt, speziell um Tilsiter?

In der Schweiz werden jährlich pro Kopf 23 Kilo Käse gegessen, Tendenz leicht zunehmend. Produziert werden rund 210'000 Tonnen. Allerdings wurde beim Importkäse 2022 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ein Plus von 15 Prozent verzeichnet, das ist übel. Die grossen Brands wie Tilsiter müssen sich warm anziehen, um dagegen anzukämpfen.

Was ist, nebst Tilsiter natürlich, dein Lieblingskäse?

Glarner Alpkäse, den mein Vater herstellt.

Du engagierst dich nicht nur für Tilsiter. Du begleitest mit deiner Firma Marti Productions auch Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Wie bringst du das alles unter einen Hut?

Es ist in meiner Verantwortung, wie viele Aufträge ich annehme und mit welchem Arbeitspensum ich unterwegs bin. Solange ich genug Zeit finde, um bei schönem Wetter spontan etwas Sportliches zu machen, ist alles in Ordnung.

Was gefällt dir an Gossau besonders gut, was weniger?

Die Lage und die Umgebung sind super, viele flotte Leute wohnen hier und meine Wohnung hat einiges an Wert zugelegt (lacht). Im Grüt gibt es keine einzige Beiz mehr, das ist sehr schade.

Letzte Frage: Was steht auf deiner persönlichen «Bucket List»?

Als Teenager wollte ich unbedingt mal einen Song aufnehmen, Reitferien auf einer Ranch machen – und einen langhaarigen Freund. Das alles hat sich erfüllt. Solche Wünsche hab ich heute nicht mehr. Wir sollten Sorge tragen zur Schweiz, zu Familie und Freunden – das möchte ich noch intensiver tun.

Sibylle Marti ist in Wangen SZ aufgewachsen. Die selbständige Unternehmerin war zuvor für Radio, Fernsehen und Zeitungen tätig. Sie wohnt seit 2011 mit ihrem 19-jährigen Sohn in Grüt (Gemeinde Gossau ZH).

Barbara Tudor