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20.01.2023

«Die Mutterschaft bringt mich an meine Grenzen»

Ex-Miss, Komikerin, Lebensberaterin: Stéphanie Berger aus Hombrechtikon kennt das Leben von vielen Seiten.
Ex-Miss, Komikerin, Lebensberaterin: Stéphanie Berger aus Hombrechtikon kennt das Leben von vielen Seiten. Bild: Amanda Nikolic
Sie geht unbeeindruckt ihren Weg - und erfindet sich immer wieder neu. Stéphanie Berger verabschiedet sich von den Comedy-Bühnen und bietet nun Kurse in Lebenshilfe an. Ein Gespräch mit einer starken Persönlichkeit, die auch Schwächen zugibt.

Stéphanie Berger. Wie geht es Ihnen?

Sehr gut. Ich bin in meiner Kraft wie nie zuvor.

Sie positionieren sich beruflich derzeit neu – als Keynote-Speakerin, Trainerin für öffentliche Auftritte und als Lebensberaterin. Was war der Anlass zu diesem «Branchenwechsel»?

Es war das Leben und seine Wendungen. In den letzten zwei Jahren ist in mir das Bedürfnis gewachsen, mein besonderer Werdegang nicht nur beruflich, sondern vor allem meine innere Entwicklung, zu teilen - mit meinen persönlichen Erfahrungen Menschen zu helfen und sie zu inspirieren, berühren und motivieren. Es ist so viel mehr möglich, als wir oft glauben.

Unter anderem bieten Sie einen «Love-Yourself-Kurs» an. Was darf man darunter verstehen?

Wir alle streben nach einer gesunden Balance im Leben: nach Glück, Freude, Liebe und Erfüllung. Und es ist die tägliche Herausforderung, im Einklang mit Körper, Herz, Seele und Geist zu leben. Was sich so einfach liest, ist aber oft schwierig und wirft immer wieder Fragen auf: Wie geht das? Was muss ich dafür tun? Antworten und diverse Hilfsmittel biete ich in meinem Kurs an. Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe. Was für mich funktioniert und was ich konsequent lebe, funktioniert auch für andere. Veränderungen sind möglich. Nach über zwölf Jahren intensivem Lernen und Erfahren weiss ich, was Selbstliebe bedeutet und wie ich sie auch in einem hektischen Alltag praktizieren kann.

Wo sehen Sie den Grund, dass viele Menschen unter einem reduzierten Selbstwertgefühl leiden?

Es gibt viele verschiedene Gründe. Einer davon ist bestimmt der Mangel an Anerkennung, Wertschätzung und Liebe. Unsere Prägungen aus unserer Kindheit und Jugendzeit. Gesellschaftliche Normen und Systeme, die bestimmen, wer zu den Schönen und Erfolgreichen gehört. Dieses ständige Vergleichen und der ungesunde Wettbewerb machen uns krank. Wir verleugnen unsere Einzigartigkeit und halten uns klein und für nicht gut genug. Wir leben getrennt von unserer inneren Kraft und sind unfähig, unser ganzes Potenzial zu leben. Es ist wie eine Blockade. Wir lassen die Aussenwelt über uns bestimmen und uns definieren. Wir sorgen nicht gut genug für uns selbst.

Kennen Sie dieses Gefühl auch selber?

Und wie. Mit 16 Jahren bin ich von Zuhause ausgezogen, ohne einen stabilen familiären Background zu haben, mit 17 Jahren wurde ich zur Miss Schweiz gekürt. Ich bin quasi im Scheinwerferlicht erwachsen geworden, war stets Bewertungen und Kritiken ausgesetzt und wurde als Projektionsfläche missbraucht. Ich benötigte Jahre, um mich zu finden - und mich wirklich lieben zu lernen, so dass ich heute von Herzen sagen kann: «Ich liebe mich, und ich bin gut genug. Du kannst mich mögen oder hassen – es ist mir egal!» Das ist wahre Freiheit. Zu sich und für sich einzustehen.

Sie wurden vor einem halben Jahr das zweite Mal Mutter. Hat dieses Ereignis ihre berufliche Neuausrichtung beeinflusst – auch thematisch?

Mutterschaft ist die grösste Herausforderung in meinem Leben. Nichts bringt mich so sehr an meine Grenzen, fordert mich heraus, immer wieder zu reflektieren, mein Bestes zu geben, ohne mich aufzugeben. Für meine Kids Vorbild zu sein, der Fels in der Brandung, die Quelle der Liebe und Fürsorge, Motivatorin und Beraterin für jede Lebenslage - das ist, wofür ich lebe. Ich will für sie die Oase der Freude und Leichtigkeit sein und die Burg für Schutz und Sicherheit - die Konstante ihn ihrem Leben, auf die sie sich immer verlassen können. Das beeinflusst alles, was ich bin und tue.

Sie waren in den vergangenen 13 Jahren vor allem als Komikerin unterwegs. Treten Sie in dieser Beziehung kürzer?

Ich habe meine Karriere als Comedienne vorerst an den Nagel gehängt. Was bleibt ist der Humor. Er ist ein Teil von mir, und den kann ich auch in meine Keynotes und Trainings einfliessen lassen.

Während der Pandemie machten Sie lautstark auf Ihre missliche (finanzielle) Lage aufmerksam – und ernteten dafür auch Kritik. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück?

Es ist interessant, dass Sie die Worte «lautstark» und «misslich» benutzen. Wenn Menschen über ihre Ängste öffentlich sprechen, wie ich das getan habe, sich damit verletzlich und echt zeigen, wird die oft mit genau solchen Worten abgestraft. Es wird vorgeworfen, man würde jammen und sich im Selbstmitleid und der Opferrolle suhlen. Wenn wir alle uns nun aber mehr öffnen würden und wirklich darüber sprechen wie es uns geht, was uns bewegt und was wir wirklich wirklich brauchen; wäre diese Welt nicht empathischer und ein bisschen weniger einsam?

Richten Sie sich mit Ihren Kursen auch an jene Menschen, die in den vergangenen drei Jahren «unten durch» mussten?

Dieser Kurs richtet sich an alle Menschen, die unzufrieden und unglücklich sind - die mehr wollen, aber nicht wirklich wissen wie. Vielleicht kann ich der zündende Funke sein, den es braucht, damit das Feuer wieder brennt.

Sie bieten den Kurs dreimal an (im Januar, Februar, März). Weshalb sollte man ihn auf keinen Fall verpassen?

Es sind kleine Arbeitsgruppen. Für mich ist eine persönliche und intime Atmosphäre sehr wichtig. Ich möchte, dass alle meine Teilnehmer und Teilnehmerinnen so viel wie möglich profitieren und ihre Anliegen integriert sind.

Welches sind Ihre Pläne für die Zukunft? Werden Sie sich als Künstlerin doch nochmals neu «erfinden»? Wovon träumen Sie?

Ich habe grosse Visionen! Heute freue ich mich sehr darüber, nach 25 Jahren Showbusiness niemand anderes sein zu müssen als Stéphanie Berger, Frau und Mensch, mit einer spannenden Geschichte.

Bild: Amanda Nikolic
Thomas Renggli