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11.06.2020
12.06.2020 09:50 Uhr

Dienstälteste gehen in Pension

n Reichenburg und Wangen gehen Ären zu Ende: Die beiden langjährigen Gemeindeschreiber Klaus Kistler (links) und Urs Bruhin werden pensioniert. (Bild: Franz Feldmann)
n Reichenburg und Wangen gehen Ären zu Ende: Die beiden langjährigen Gemeindeschreiber Klaus Kistler (links) und Urs Bruhin werden pensioniert. (Bild: Franz Feldmann) Bild: Franz Feldmann
Nach 36 Jahren ging der Wangner Gemeindeschreiber Urs Bruhin Ende April in Pension, sein Berufskollege Klaus Kistler hatte gestern nach 24 Jahren seinen letzten Arbeitstag in Reichenburg. Ihre letzten Arbeitstage während Corona…

Mit Urs Bruhin (Wangen) und Klaus Kistler (Reichenburg) gehen die beiden dienstältesten Gemeindeschreiber in Ausserschwyz in Pension. Im Interview erzählen die beiden dienstältesten Gemeindeschreiber in Ausserschwyz, wie sie ihre letzten Arbeitstage mitten in der Corona-Krise erlebten und wie sich ihr Beruf in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. Zudem sprechen sie über die zukünftigen Herausforderungen ihrer Gemeinden.

Urs Bruhin, Sie haben Ihr Amt als Gemeindeschreiber Ende April nach 36 Jahren niedergelegt. Was haben Sie seither gemacht?

URS BRUHIN: All das, was ich vorher nicht machen konnte. Ich war viel in den Bergen oder mit dem Velo unterwegs. Ausserdem hatte ich bereits meine ersten Einsätze für den Treuhanddienst der Pro Senectute, wo ich in Zukunft tätig sein werde.

Und Sie, Klaus Kistler, Sie hatten Ihren letzten Arbeitstag am Mittwoch – nach 24 Jahren. Welches sind Ihre Pläne für den Ruhestand?

KLAUS KISTLER: Ich freue mich, selbst über meine Zeit bestimmen zu können und werde diese sicher sinnvoll nutzen. Bisher trug ich Verantwortung, diese kann ich nun loslassen.

Herr Bruhin, Ihr letzter Arbeitstag erfolgte mitten in der Corona-Krise. Der grosse Abschied ist somit ausgefallen. Nach so vielen Jahren haben Sie sich sicher einen schöneren Abschied vorgestellt?

Der Abschied wäre sicher anders ausgefallen als er jetzt war. Aber ich hatte einen sensationellen Abschied. Am 30. April, an meinem letzten Arbeitstag, erhielt ich von Gemeindepräsident Daniel Hüppin ein Telefon. Er lud mich zum Essen bei ihm zu Hause ein. Um 12.05 Uhr schloss ich meine Bürotür und drückte meiner Nachfolgerin die Schlüssel in die Hand. Und um 23 Uhr verliess ich das Haus des Gemeindepräsidenten. Es dauerte also elf Stunden, um meinen Abschied zu verarbeiten (lacht).

(...)

Und welche Auswirkungen hatte die Corona-Krise auf Ihre Arbeit, Herr Kistler?

Ich habe das Homeoffice kennengelernt. Die Verwaltung in Reichenburg war immer offen, wir haben abwechslungsweise in zwei Teams gearbeitet. Und die Kunden mussten sich am Eingang anmelden und wurden nur am Schalter bedient. Das erforderliche Schutzkonzept hat bereits mein Nachfolger ausgearbeitet.

Sie sind die dienstältesten Gemeindeschreiber in Ausserschwyz. Wie hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

BRUHIN: Da heute mehr Personal angestellt ist als früher, ist die Verantwortung des Gemeindeschreibers grösser geworden. Als ich in Wangen begonnen habe, waren wir zu dritt, jetzt sind es 13 Personen und zwei Lernende. Auch der Werkdienst und der Hauswart sind dem Gemeindeschreiber unterstellt. Ich habe alle Arbeitsverträge der bei der Gemeinde Wangen angestellten Personen unterschrieben. Ausserdem sind die Ansprüche und Erwartungen der Bürger gestiegen.

KISTLER: Das kann ich bestätigen. Früher hat man viel mehr miteinander gesprochen und konnte gemeinsam eine Lösung finden. Heute sind die Fronten oft verhärtet, und die Leute kommen mit dem Anwalt.

(...)

Welche Veränderung hätte es Ihrer Meinung nach nicht gebraucht?

BRUHIN: In Wangen gibt es Geschäfte, die in der ganzen Amtszeit nicht erledigt werden konnten, aus Umständen, die nicht hätten sein müssen. Das bedauere ich etwas. Man ist jetzt aber auf einem vielversprechenden Weg.

KISTLER: Mir kommt als Erstes das Vormundschaftswesen in den Sinn. Das war einer der interessantesten Bereiche. Es hat sich aber so entwickelt, dass wir froh waren, es abgeben zu können. Es war eine Professionalisierung nötig, und wir hätten dem nicht mehr gerecht werden können.

BRUHIN: Was ich aber nicht gerne abgegeben habe, ist das Zivilstandswesen. Paare trauen zu können, war eine sehr schöne Aufgabe.

KISTLER: Früher war man als Gemeindeschreiber ein Spezialist in allen Bereichen, heute ist man eher Geschäftsführer.

(...)

Reichenburg hatte in letzter Zeit Mühe, Gemeinderäte zu finden. Was denken Sie, sind die Gründe? KISTLER: Ich glaube, dass man heutzutage in seinem Beruf stärker gefordert ist als vor 20 Jahren. Bei einem 100 %-Job liegt es fast nicht mehr drin, nebenbei noch als Gemeinderat tätig zu sein. Denn es wird erwartet, dass man auch tagsüber präsent ist und Repräsentationspflichten wahrnimmt. Es ist ein nicht zu unterschätzender Aufwand.

BRUHIN: Und die Entschädigung ist eher bescheiden. Darüber sollte man sich langsam Gedanken machen.

KISTLER: Ich denke, das ist eine Grundsatzfrage, ob dieses System in zehn Jahren noch funktioniert. Der Gemeinderat sollte vermehrt strategisch wirken und die wegweisenden Entscheide fällen. Er sollte sich nicht mit dem Tagesgeschäft belasten und dafür der Verwaltung mehr Kompetenzen übertragen.

Die Gemeinde Wangen besteht aus drei Ortsteilen. Wie schwierig ist es, allen gerecht zu werden? BRUHIN: Die grosse Herausforderung ist der Ortsteil Siebnen. Nuolen ist sehr gut eingebunden,wir haben momentan auch drei Gemeinderäte aus Nuolen. In Siebnen müssen drei Gemeinden zusammenarbeiten, und das ist teilweise schwierig. Aber Siebnen hat ein grosses Potenzial, und zu dieser Ortschaft sollte man Sorge halten.

KISTLER: Es gibt aber auch in Reichenburg «Probleme», die nur regional gelöst werden können, zum Beispiel den Autobahnzubringer oder der öV. Es braucht die Unterstützung der anderen Marchgemeinden.

(...)

Welches sind die grössten Herausforderungen Ihrer Gemeinde in nächster Zeit?

BRUHIN: In Wangen sind es der Autobahnanschluss Wangen Ost und der Teilzonenplan Nuolen See. Die Kanti dürfen wir jetzt ja zum Glück behalten.

KISTLER:Unsere Herausforderungen sind der öV, der Autobahnzubringer, das Rietli. Das kann nur gelingen, wenn alle Marchgemeinden zusammenarbeiten. Aktuell beschäftigt uns beim Alterszentrum eine Einsprache, welche den Start der Erweiterung hinauszögert.

Vollständiges Interview in den Print-Zeitungen «March-Anzeiger» und «Höfner Volksblatt» zu lesen.

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Irene Lustenberger, March24 und Höfe24