Sie gehören zu den grössten Verlierern des Lockdowns: Pächter, Kleinunternehmer, Arbeitnehmer in prekären Arbeitsverhältnissen oder denen gekündigt wurde sowie ausländische Temporärarbeiter mit kurzen Kündigungsfristen. Dies beobachtet Peter Ziltener, Präsident der Schlichtungsbehörde Bezirk March und Vermittler der Gemeinde Freienbach. Während der Corona-Krise waren alle Verhandlungen bis Ende April gestoppt worden, hängige Verfahren mussten sistiert werden. Jetzt, mit den Lockerungen, kann Ziltener wieder uneingeschränkt arbeiten. Folgt der Coronawelle nun eine Klagewelle?
«Während der Verhandlungspause gingen merklich weniger Schlichtungsgesuche ein. Dies hat sich nun geändert», berichtet Ziltener. Der ganz grosse Ansturm sei bisher aber ausgeblieben, die Zahlen würden sich mit denen vor der Coronazeit decken. Ziltener rechnet jedoch damit, dass es in der zweiten Jahreshälfte vermehrt zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen kommen wird.
Klagewelle verhindern
Das ist in Mietsachen bereits jetzt der Fall: Die Coronapause wurde überlagert von der Senkung des Referenz-zinssatzes. «In diesem Zusammenhang gingen bei uns relativ viele Klagen ein, die nun bearbeitet werden.» Noch mehr als Klagen gebe es vor allem telefonische Anfragen bei der Rechtsauskunft. Dabei ginge es meistens um Mietzinserlasse bzw. Senkungen. «Viele warten noch ab, ob vom Parlament eine gesetzliche Regelung gefunden wird oder nicht.» Die von Bundesrat Guy Parmelin eingesetzte Task Force unter der Leitung des BWO-Direktors, die zur Aufgabe hat, Lösungsansätze für die Frage der Mieten von Geschäftsliegenschaften zu finden, hat sich am 28. Mai zum sechsten Mal getroffen. Weitere Treffen sind im Juli und August geplant.
Für die Schlichtungsbehörde ist es in dieser Zeit der Schwebe schwierig, die Parteien im Hinblick auf die Corona-Krise zu beraten – auch weil es so eine Situation zuvor noch nicht gegeben hat. «Grundsätzlich raten wir den Vermieterparteien, sich gütlich mit den Mietern zu einigen, damit es nicht zu einer Klagewelle kommt, die dann Entscheidungen um Monate, wenn nicht Jahre, hinauszögert.» Eine Klageflut könnte auch verhindert werden, wenn sich das Parlament bezüglich der Mietfrage zu einer Regelung durchringen könnte, ist Ziltener überzeugt. «Im Moment sieht es danach aus.»
Bisher habe man noch keine Zahlungsrückstände bei der privaten Mieterschaft feststellen können – trotz der Einkommenskürzungen durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Jedoch zeige sich vermehrt ein Solvenzproblem vieler kleiner und mittlerer Unternehmen. «Dies ist erstaunlich, denn gerade diesen sollte ja durch die vom Bund verbürgten Kredite geholfen werden», findet Ziltener. Es sei allerdings noch zu früh, um die Folgen des Lockdowns für Kleinunternehmen abzuschätzen. «Dies wird nicht zuletzt davon abhängen, ob und wie schnell sich der Umsatz wieder erholt.» In den bekannten Risikobranchen wie der Gastronomie und der Reinigung befürchtet er aber eine bevorstehende Welle der Insolvenz.
Keine Probleme mit Home-Office
Interessant ist, dass relativ wenige Anfragen, die bei Ziltener und seinen Kollegen eintreffen, das Homeoffice betreffen. «Ganz offensichtlich klappt das zur Überraschung der Vorgesetzten viel besser als erwartet.» Nach und nach werden nun Arbeitnehmende aus dem Homeoffice ins Büro zurückgeholt. Darf sich ein Risikopatient dagegen wehren? «Wenn die vom BAG geforderten Schutzmassnahmen ermöglicht werden, können Risikopatienten ihre Arbeit im Betrieb wieder aufnehmen.» Ist das nicht möglich, können und müssen gefährdete Angestellte weiterhin von Zuhause aus arbeiten.